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Dritter Artikel

Das Vorwort der zweiten Schrift spricht in den ersten Sätzen einen ihrer Hauptgesichtspunkte aus; es beginnt so:
"Über ein einzelnes philosophisches System läßt sich nicht wohl sprechen, ohne über Philosophie überhaupt mitzureden"; dies ist freilich eine Trivialität, die man sonst nicht leicht sich entfahren ließe; beim Verfasser jedoch ist es eine Ausnahme, daß beim Besonderen auch das Allgemeine zur Mitleidenheit gezogen werde. Das darauf Folgende ist etwas Neues: "Ebensowenig", wird fortgefahren, "läßt sich irgendein einzelnes philosophisches System angreifen oder verwerfen, ohne daß man die Philosophie überhaupt angreift und verwirft."

Man könnte, indem dies in Beziehung auf die Philosophie, die in dieser Schrift bekämpft wird, gesagt ist, etwa meinen, diese Philosophie sei hiermit so hoch gestellt, daß an ihr Schicksal das Schicksal der Philosophie überhaupt geknüpft werde; es heißt nicht weniger in dem Vorworte - die Seitenzahl kann nicht angegeben werden, da dasselbe ohne Seitenzahl ist; auch sind wie bei einer respektvollen Dedikation die Seiten nur halb bedruckt -, 'ein sehr glückliches' (jawohl!) 'Zusammentreffen habe die beiden Verfasser in der Hegelschen Philosophie das derzeitig interessanteste Geistesphänomen erblicken lassen'.

Man sieht aber bald aus der Schrift selbst, daß beide Verfasser zusammen es nur zu einer höchst oberflächlichen oder zu gar keiner Bekanntschaft mit anderen philosophischen Systemen gebracht (obgleich selbst Platon und Aristoteles zitiert werden) und daß sie ihr philosophisches Studium wohl erst, aus welchem Grunde es sei, etwa aus dem der Derzeitigkeit eines literarischen Geistesphänomens mit diesem begonnen haben; ebenso erhellt, daß sie über das Überhaupt der Philosophie zu wenig hinausgekommen, ja kaum bei demselben angekommen sind. Es wird daher natürlich, daß für sie in dieser einen Philosophie alle Philosophie verworfen ist; aber sie haben unrecht, für andere, die sonst mit Philosophie Bekanntschaft haben, dergleichen auszusprechen. Übrigens kann um jenes "sehr glücklichen Übereintreffens beider Freunde" willen die Weitläufigkeit, mit zweien zu tun zu haben, abbreviert und - sie füglich für einen genommen werden.

Die angeführten Sätze hängen sogleich mit der eigentümlichen Verschrobenheit zusammen, welche in dieser Schrift über das Allgemeine herrschend ist. Das Vorwort scheint das ganze Räsonnement des Verfassers konzentriert darzustellen; bei der Vergleichung mit den Grundvorstellungen der Schrift sieht man aber, daß das Vorwort eine Modifikation enthält; jene Vorstellungen müssen dem Verfasser einer Verbesserung bedürftig geschienen haben, nachdem die Schrift fertig war. Aber auch jenes Vorwort bedürfte noch einiger solcher Vorworte, um dieselben auf das Niveau der gewöhnlichen, in allen Wissenschaften geltenden logischen Bestimmungen über das Allgemeine, den Begriff und die Wissenschaftlichkeit überhaupt zu bringen. - Referent will zuerst von dem Inhalte der Schrift selbst eine Vorstellung zu geben suchen und nachher auch die Modifikation des Vorworts angeben.

Sie zerfällt in drei Abschnitte, wovon der erste "vom Standpunkte der gegenwärtigen Kritik" - auch wieder "überhaupt" - handelt; es wird darin jedoch mehr, es werden ins Große gehende allgemeine Ansichten (auch den Namen Aperçus entlehnt der Verfasser von Goethe, wie er denn fast jede Seite seiner Schrift mit Stellen desselben verziert) in prätentiösen Reflexionen gegeben.
Die Schrift wird dann als die beurteilende Anzeige der Hegelschen Enzyklopädie bezeichnet; es scheint, eine beabsichtigte Rezension ist dem Verfasser zu einem Buche angelaufen. Warum es nun vor allem erforderlich sei, den eigenen Standpunkt des Verfassers gegen jene Enzyklopädie anzugeben, dafür wird der gute Grund hinzugefügt, weil "die Beschaffenheit desselben auf die der vorzunehmenden Beurteilung von wesentlichem Einflusse sein muß". Gewiß!
Ebenso methodisch wird die nähere Angabe dieses Standpunkts behandelt; es seien die drei Fälle möglich: daß der Verfasser mit jener Philosophie übereinstimme oder ihr eine andere entgegenstelle, oder keins von beiden. Dies wird so ausgeführt:
"Ein Dreifaches", heißt es, "ist in dieser Hinsicht des Standpunkts nur gedenkbar: entweder daß unser Standpunkt als in dem des anzuzeigenden Werkes bereits enthalten, mit demselben zusammenfällt."
Wie nun oder warum dies nicht der Fall sei, expliziert der Verfasser (S. 4) dahin, daß 'solcher Standpunkt die unbedingte Zustimmung in das System Hegels sichern und in der Hauptsache nichts als eine Wiederholung des bereits Gegebenen darbieten würde, keine Erweiterung, kein Fortschritt in der Sache selbst davon zu erwarten wäre'. Wenn solche Motivierung nur schleppend oder, je nachdem man es nimmt, possierlich ausfällt, so ist der Grund, 'warum zweitens der Standpunkt des Verfassers nicht einer anderen Gestaltung der Philosophie angehöre und so ein gegnerischer sein würde', noch absonderlicher: 'das etwa so Gewonnene dürfte "wegen der Gleichartigkeit des Hauptinteresses immer noch einen unsicheren, unentschiedenen Charakter an sich behalten und wir nicht recht gewiß werden, ob wir nicht in dem Widerstreit, in der Widerlegung einer Befangenheit nur eine andere dafür eingetauscht hätten".
Das gleichartige Interesse wäre die Philosophie; daß es nicht auf diesem Boden ist, wo der Verfasser mitzureden gedenkt, ist wenigstens redlich gegen sich und gegen das Publikum gehandelt, bei der Überzeugung, die er von sich ausspricht, es auf diesem Boden nur zu Unsicherem und Unentschiedenem, nicht zur rechten Gewißheit, ob er nicht von einer Befangenheit nur in eine andere verfiele, bringen zu können. - 'Zu einer völligen Unbefangenheit und Freiheit der Ansicht zu gelangen, scheine nun nur möglich, das ganze Gebiet zu räumen und drittens den Standpunkt so zu nehmen, daß er gänzlich außerhalb der Sphäre der Philosophie fällt.' Der Verfasser "gesteht nun gern, daß er am liebsten eine solche Stellung einnehmen würde. Was hält nun den Verfasser noch ab, ohne weiteres dieser seiner Lieblingsneigung nachzugeben?
Es ist dies: "Es frage sich nämlich nur zuvörderst", sagt er, "ob ein Stand dieser Art zu fassen möglich sei, und sodann, ob, wenn er einzunehmen wäre, er auch hinlänglich würdig sein möchte, um in Ansehung dessen, was er leistet, die Vergleichung mit demjenigen nicht scheuen zu dürfen, was die Philosophie zu leisten in Anspruch nimmt." Methodisch betrachtet der Verfasser zuerst das erstere, die Möglichkeit solchen Standpunkts. Darüber finde nun wohl kein Zweifel statt, und dies aus dem guten Grunde, 'da derjenige Teil der Menschheit, und wahrlich weder der kleinste noch der schlechtere, der keine Gelegenheit gehabt hat, noch hat, sich philosophische Kultur anzueignen, sich auf denselben gestellt findet'. Und zwar habe "dieser Teil der Menschheit das Größte in Religion, Sitte, Kunst, Wissenschaft, Staat ohne alle Dazwischenkunft der Philosophie dergestalt geleistet, daß diese nicht etwa nur dabei nicht zu Rate gezogen wurde, sondern sehr häufig noch erst gar sich zu regen anfangen sollte, wenn von den großen Grundvermögen der Menschheit, Genie, Vernunft und Gewissen, alles bereits vollbracht war". Daher dürfen wir denn nun auch an dem zweiten Punkte, "nämlich der Würdigkeit des Geleisteten, ebensowenig zweifeln, und zwar um so weniger, als die Philosophie selbst in diesem Gehalte oft (?) ihren einzigen Inhalt findet und ohne denselben sich in großer Verlegenheit um ihr Dasein befinden würde". Gewiß! ohne den Gehalt, den Genie, Vernunft und Gewissen hervorbringen!
- Warum hat sich aber der Verfasser nicht an die ungeheure Autorität und an die Arbeit dieser "außerphilosophischen Menschheit" angeschlossen, ohne Verunglimpfung der Philosophie, ja "ganz unbekümmert um sie" in Kunst oder Religion oder Wissenschaft oder im Staat etwas, wenn auch nicht das Größte, doch Etwas hervorzubringen?
Die Menschheit gibt ihm das Beispiel, in einem Standpunkte nur insofern etwas zu leisten, als sie sich in demselben befindet; der Verfasser unternimmt dagegen, über die Philosophie etwas zu leisten und sich doch außer ihr zu stellen. Es ist auf diese Weise eine feine Zweideutigkeit, wenn gleich auf der ersten und folgenden Seite des Vorworts gesagt ist, daß die Verfasser bald gefühlt haben, "daß sie in ihren Gesichtskreis das Gebiet der ganzen Philosophie aufnehmen, ja denselben über das Gebiet der Philosophie hinaus erweitern müssen". Das ganze Gebiet der Philosophie in ihren Gesichtspunkt aufnehmen heißt nach der soeben angeführten Bestimmung ihrer außerphilosophischen Stellung, gar nichts von der Philosophie in denselben aufnehmen, und ihn über sie hinaus erweitern heißt, ihn nicht einmal bis an dieselbe hinan erstrecken.

In demselben Formalismus von methodischer schleppender Gründlichkeit, der sich im Bisherigen bemerklich gemacht, geht der Verfasser weiter an die Angabe dessen, was die Menschheit als eigentümlich in jener Stellung bezeichne.
Hier biete sich zunächst die einfache Wahrnehmung dar - welche? -, daß "die Menschheit in mannigfachen Richtungen Geist und Vermögen" (ein eigentümlicher Unterschied) "übend und betätigend vorgefunden" werde. Das Nähere ist dann, daß 'erstens diese Bemühungen nicht ziel- und maßlos, daher nicht ohne Gegenstand' seien. Solche großen Aperçus ergeben sich dem Verfasser, wenn er die Menschheit betrachtet. Daß er auch noch daran denkt, für dergleichen Thesen einen Beweis zu geben, ist selbst ein Beweis für die Gründlichkeit seines Verfahrens. Es brauchen hierfür, heißt es 'nur die vier höchsten Gegenstände jener mannigfaltigen Tätigkeit genannt zu werden, Religion, Kunst, Staat, Wissenschaft'. Das fünfte früher Genannte, die Sitte, bleibt hier ohne weiteren Grund und Beweis hinweg.

Das zweite Aperçu wird als dasjenige angekündigt, "was am allgemeinsten, rein theoretischer Art, auf diesem Standpunkte (des Ganzen, des Vollkommenen, des Abgeschlossenen usf.) angetroffen werde, insofern es noch besonders neben allem jenem Wirksamen und Tätigen ausgesprochen zu werden verdiente. (Bei wie vielem anderen, was er sagt, hätte dem Verfasser noch das Bedenken aufstoßen können, ob es auch ausgesprochen zu werden verdiene?) Jenes am allgemeinsten Angetroffene sei darin befaßt: "Die Menschheit ist für ihren jedesmaligen Schauplatz und gegenwärtige Lage mit allem an Wissenschaften und Vermögen Erforderlichen immer zur Genüge versehen." Glückliche Menschheit! Weiser Autor, der seine Reden so gut bedingt, daß sie in richtige Tautologien auslaufen! Stellen wir uns den abstrakten Satz des Verfassers in konkreterer Gestalt vor, so wird es für sich einleuchtend sein, daß zu einer jedesmaligen, gegenwärtigen, mittelmäßigen oder weniger als mittelmäßigen Schrift alles Erforderliche, Unwissenheit insbesondere in dem Gegenstande, über welchen geschrieben wird, und überdies in Wissenschaftlichem überhaupt Kahlheit und Dürre der Vorstellung, Steifheit der Rede usf. immer zur Genüge vorhanden ist, auch noch ein Reichtum Eigendünkels, um "jene Genüge" selbst als Reichtum zu betrachten.
Der Verfasser mehrt sogleich die Genüge der Menschheit; er fährt fort: "Soweit sie es bedarf und fähig ist" (- wieder ein weises Bedingen), "weiß sie sich über die höchsten Gegenstände vollkommene Rechenschaft zu geben, nicht bloß dies, sondern sie besitzt auch diese Gegenstände, zum Beispiel das Göttliche, Natürliche (so reich ist die Menschheit, daß das Göttliche und Natürliche nur beispielsweise angeführt sind) "ganz" (dies ist viel! aber zur vorderen Bedingung kommt hinten noch eine hinzu), "soweit diese höchsten Gegenstände und Wesen irgend nur in die der menschlichen Natur eigentümliche Begrenztheit einzugehen vermögen." Jene hohe Beglückung der Menschheit, das Göttliche und Natürliche z. B. ganz zu besitzen, ist durch die Bedingung soweit sie solchen Besitzes fähig, soweit die hohen Gegenstände und Wesenheiten in die Begrenztheit der Menschheit einzugehen vermögen, entsetzlich herabgestimmt. Aber da auf diese Weise nichts gesagt gewesen wäre, richtet es der Verfasser wieder auf, indem er fortfährt: "Es ist aber die tiefe Natur jener hohen Gegenstände, in jede Art von Begrenztheit, die als von ihnen selbst erschaffen sich darstellt, wie zum Beispiel die Menschheit" (der Verfasser ist in seinen Beispielen immer großartig) "nach ihrer Natur ist, einzugehen, ohne doch von der Natur ihrer Wesenheit etwas zu verlieren." Hierüber hätte man neugierig sein können, etwas Verständiges zu vernehmen: daß die hohen Gegenstände und Wesen in das Begrenzteste eingehen (ein bequemes Wort) und von ihrer Wesenheit (oder wie der Verfasser nachdrücklicher sagt:) von der Natur ihrer Wesenheit dabei nichts verlieren.
Was er hinzusetzt, klärt die Schwierigkeit nicht auf, - im Gegenteil! Der Sinn jener Begrenztheit soll für den Menschen nicht sein, "ein bloß Hemmendes, Niederziehendes, Lastendes für ihn zu sein, sondern das, was seiner Existenz, die, schrankenlos genommen, ein Gleichgültiges, Unbestimmtes wäre, erst Art, Maß und Ziel verleiht, - nach einem auch sonst wohl schon bekannten Satze, daß sich in der Beschränkung recht eigentlich erst der Meister zeige." Es ist ein gar gründlicher Gedanke, daß, wenn die Existenz des Menschen schrankenlos genommen werde (wie kommt der Verfasser zu solchem Nehmen!), so wäre sie ein Gleichgültiges und Unbestimmtes; so aber seien die Schranken das, was der Existenz Art, Maß und Ziel erteile. Nach andern Ansichten sind es umgekehrt die hohen Gegenstände und Wesen, ist es Religion, ferner Staat, Recht, Sittlichkeit, Wissenschaft, woher dem Menschen Art, Maß und Ziel kommt; wäre es bereits die Begrenztheit seiner Natur selbst, seine Endlichkeit, welche ihm Art, Ziel und Maß erteilte, was bedurfte es des Eingehens jener hohen Gegenstände und Wesen?
- Am schlimmsten kommt dabei die angeführte schöne Zeile Goethes weg, die der Verfasser mit solchem Unverstande für seine unverdauten Gedanken gebraucht, in denen ihm die Begrenzung der Meisterschaft, und dann Art, Maß und Ziel, d. i. die Vernunft, das Göttliche der Gesetze der Natur und des Geistes zusammenläuft mit den Schranken als dem Endlichen, von ihm selbst den hohen Gegenständen und Wesen Entgegengestellten, - dem Endlichen, welches das Vergängliche, Eitle, ja das Prinzip des Schlechten und Bösen ist. - Solches Beispiel gibt ein Recht, dem Ausspruch des Meisters den anderen entgegenzustellen, daß in solcher Beschränkung recht der Schüler sich zeige. 

In dem Angeführten beginnt sich der Mittelpunkt der Verworrenheit des Verfassers aufzutun; er hebt sich dann vollständig heraus, indem er darangeht, die vier obengenannten Gegenstände zu "durchmustern", um zu zeigen, wie es die Menschheit - die, wie oben angegeben, auf dem Gebiete ihrer nicht philosophischen Bildung in mannigfachen Richtungen tätig und übend angetroffen werde - bei Hervorbringung derselben gehalten habe. In dieser "Durchmusterung" findet der Verfasser das Resultat, daß 'die menschliche Vernünftigkeit tätig gewesen sei, es in allem möglichst zu einem Abschlusse, zu einem Ganzen zu bringen'. Ehe wir den Sinn, den der Verfasser diesem leeren Resultate gegen die Philosophie gibt, weiter betrachten, führen wir ein anderes, obgleich abstraktes, aber gehaltvolleres Resultat desselben an, dies nämlich, daß in dem Entwicklungsgange sich für den Anfangspunkt nur der Begriff der Einzelheit ergebe, die aber in ihrer Ausbildung zu einem Zielpunkt gelange, der eine Totalität, erfüllter Anfang sei, als eine volle Wirklichkeit das erreicht habe, was der Begriff der Einzelheit nur der Idee, der Möglichkeit, der Anlage nach als vorhanden darbiete. - Man sieht, der Verfasser geniert sich nicht, hier einen Satz der Enzyklopädie, die er in jeder Rücksicht verdammt, meist mit deren eigenen Worten nachzureden und dabei auf solches sein sogenanntes Resultat sich viel zugute zu tun.

Des Verfassers Durchmusterung der genannten vier Gebiete ist auf wenigen Seiten abgetan; sie ist jedoch nicht oberflächlicher, als es für den großen Satz nötig ist, daß die Menschheit in allem ihrem Tun es immer zu einem Ganzen zu bringen tätig gewesen sei. Wir heben nur dies aus, was der Verfasser in den Leistungen der Menschheit über die Wissenschaft findet; es wird aus dieser Anführung auch hervorgehen, was der Verfasser unter einem Abschlusse einem Ganzen meint.

In der Wissenschaft sei die Natur der Gegenstand, aber derselbe sei im Wissen nicht mit der Anlage zum Wissen gleichzeitig vollständig gegeben (schon das Wissen selbst ist mit der Anlage zum Wissen nicht gleichzeitig und gewiß auch nicht vollständig gegeben; auch ist ebenso gewiß im Wissen der Gegenstand, die Natur nicht gleichzeitig vollständig gegeben; was aber die Anlage zum Wissen betrifft, so pflegt man dafür zu halten, daß die Natur nicht nur gleichzeitig mit Adam oder mit jedem Kinde, sondern selbst noch vor demselben "vollständig gegeben" sei. Aber dergleichen Schiefheit und geschraubte Leerheit ist wohl mit jedem Satze des Verfassers gleichzeitig und vollständig gegeben). - Da der Gegenstand, die Natur sich erst später und nur nach und nach enthülle, so sei die Wissenschaft daher größtenteils nur noch erst im Wissen begriffen, habe noch nicht die Reife der Totalität (und wenn und wo sie nach dem Verfasser diese erlangt hätte, sollte sie da in etwas anderem als im Wissen begriffen sein?).

'In den eigentlichen Naturwissenschaften fehlt noch der Abschluß; außer in einzelnen kleineren Kreisen hat das Wissen schon, wenigstens im Umrisse, den Charakter einer Ganzheit zu gewinnen begonnen, wie z. B. in der Botanik durch die Lehre von der Metamorphose und in der Farbenlehre.' Ohne zu rügen, daß die letztere ihren Gegenstand auf ganz andere Weise wissenschaftlich aufgefaßt als die Botanik, die durch die Lehre von der Metamorphose schon "den Charakter einer Ganzheit" gewinnen sollte, so müßte der Verfasser, um seine Versicherung über das Mangelhafte der Naturwissenschaften zu begründen, zeigen, daß er weitere Kenntnisse von denselben besitze als nur dasjenige, was er aus Goethes Arbeiten darüber kennt.
Wie mag er mit seinem Abschlusse, seiner Ganzheit vereinigen, was er weiterhin S. 195 aus Goethe triumphierend anführt:
"Die Natur hat kein System" (d. i. nach der Erläuterung des Verfassers: sie ist kein ordinärer (!) in sich abschließender Kreis, den man im Begriffe fertig vorzuzeigen vermöchte), "sie hat, sie ist Leben und Folge aus einem unbekannten Zentrum zu einer nicht erkennbaren Grenze. Naturbetrachtung ist daher endlos" usf. - Ferner ist es auch eine Stelle Goethes über die Wichtigkeit der Wirkung, welche die Entdeckung, daß die Erde rund ist, und die Lehre des Kopernikus auf die menschliche Vorstellung hervorgebracht hat, die den Verfasser bewegt, in den mathematischen Wissenschaften der Geographie (unter diese Wissenschaften rechnet sie der Verfasser) und der Astronomie den Abschluß erreicht zu finden. Man sieht die Genügsamkeit der Forderungen in dem, was zur Vollendung einer Wissenschaft gehöre; in den Kenntnissen, die in den Trivialschulen gelehrt werden, daß die Erde rund ist und daß sie sich um die Sonne bewegt, sind für ihn "Geographie und Astronomie" fertige, vollendete Wissenschaften. Es hätte den Verfasser doch wundern müssen, daß die Geographen und Astronomen, seitdem ihre Wissenschaften in jenen Entdeckungen bereits die Reife der Totalität erreicht haben, doch noch immer im Wissen begriffen waren und noch darin begriffen sind. - Der fernere Fund einer erbaulichen leeren Parallelisierung dieser zwei vollendeten Wissenschaften mit religiösen Lehren gibt dem Verfasser so viele Befriedigung, daß er sie zum Überdrusse wiederholt.

Indem nun der Verfasser - wie nach seiner Angabe die ganze Menschheit - seinen Standpunkt außerhalb der Philosophie nimmt, glücklicherweise jedoch nicht die ganze Menschheit, [um] über die Philosophie mitzureden, sich mit dem Erforderlichen zur Genüge versehen glaubt, so erspart er uns die Mühe, das zu sagen, was er selbst hiermit von seiner Arbeit sagt, daß er, um den gewöhnlichen Ausdruck hierfür zu gebrauchen, von der Philosophie wie ein Blinder von der Farbe spricht; es kann daher nur eine Sache äußerlicher Kuriosität sein, noch weiter zu sehen, wie der Verfasser sich dabei benimmt.
- Die Kaprice, die er sich über die Philosophie erschaffen hat und in der Schrift ausführt, ist kurz diese, daß die menschliche Tätigkeit in den Sphären der Religion, Kunst, Wissenschaft, Staat es zu einer Totalität bringe, die Philosophie aber sich das All der Dinge, die Allheit (auch Alles sagt er) zur Aufgabe mache. Woher der Verfasser dies hat, gibt er nicht an; er bleibt bei dieser trockenen Versicherung und läßt sich nicht auf eine Erörterung des Unterschiedes von Totalität und Allheit, noch überhaupt auf die unterschiedenen Formen der Allgemeinheit ein, welche in dem logischen Teile der Enzyklopädie auseinandergesetzt sind; das übel gebildete Denken des Verfassers greift zu der schlechtesten dieser Kategorien, zu der Allheit, und mutet aus seiner Autorität sie der Philosophie überhaupt und insbesondere auch derjenigen zu, welche sich am ausdrücklichsten gegen diese Kategorie erklärt hat und der sowenig als anderen Philosophien vollends sie zum Prinzip zu machen je eingefallen ist.
Die Totalität will der Verfasser sich zum Lieblingswort vorbehalten. Wie der Eigensinn der faktischen Unrichtigkeit, dem Allgemeinen, der Idee, dem Begriffe das All, Alles, die Allheit zu substituieren, mit seinem Grundaperçu zusammenhängt, wird sich nachher ergeben. Ob nun gleich die Allheit sich zum Gegenstande und Aufgabe zu machen der Philosophie eigentümlich sei, so sei doch der Anblick und der Begriff des Alls dem Menschen, selbst dem nichtphilosophischen, keineswegs gänzlich entzogen. Jedoch S. 49 versichert er, der philosophische Standpunkt gehe erweislich von einer Aufgabe aus, welche weit über die Kräfte und Angemessenheit des Menschen reiche; denn es zeige sich kein von Hause aus existierendes Organ der Menschheit für die Allheit. Womit hat denn nun der nichtphilosophische Mensch den ihm keineswegs ganz entzogenen Anblick und sogar den Begriff des Alls aufgenommen? S. 11 hieß es schon, die Forderung eines Alls lasse sich schon innerhalb der menschlichen Sphäre als unangemessen und unerfüllbar abweisen; man kann sich daher nur wundern, warum nicht auch der Verfasser aus der Reflexion seines Standpunkts, den er als den außerphilosophischen angibt, da die Menschheit ohnehin von Hause aus kein Organ dafür hat, das All abgewiesen hat; aus dem philosophischen, können wir ihm die Nachricht geben, ist diese Kategorie nicht nur längst abgewiesen, sondern, wie gesagt, niemals darin gewesen. Zu dergleichen Gerede, das er Untersuchung nennt, unterläßt der Verfasser nicht, in der Weise seiner schwerfälligen Bevorwortung mit der Zusicherung einzuleiten (S. 48), daß er mit der gehörigen Gründlichkeit und Tiefe zu Werke gehe.

Es ist schon erwähnt worden, daß der Verfasser im Vorwort auf sein Hauptaperçu von der Philosophie zurückkommt.
Es ist auch von dieser Darstellung und dem daran geknüpften Räsonnement soviel als möglich abgekürzte Rechenschaft zu geben; jedoch ist beim Verfasser aller Inhalt mit der bleiernen Schwerfälligkeit des Vortrags so sehr verwebt, daß diese sich kaum trennen läßt.
- Der Verfasser stellt hier seine Versicherung, daß die Philosophie sich die Allheit zur Aufgabe mache, beiseite und nimmt deren Angabe, das Allgemeine vorzugsweise zu behandeln, auf. Dieser Vorzug der Philosophie ist es, den er hier behandelt.
Da es nämlich, argumentiert er, doch nur dieselbe menschliche Natur sei, die in anderen Beziehungen ein Besonderes zu wirken scheine, was sie aber Echtes, Wahres, Gründliches zustande bringe, nur aus ihrer gesamten Kraft, deren Gesetz die Totalität sei, bewirke, so verschwinde hieran bereits der Unterschied gänzlich. Dieselbe menschliche Natur wirke überall das Unterschiedene auf dieselbe Weise; das Wahre werde daher in Absicht auf das Kraftmaß überall von derselben Totalität menschlicher Natur zustande gebracht. - Was für ein Kraftmaß die menschliche Natur bei ihren Hervorbringungen aufwende, darüber wird nicht leicht jemand das Interesse haben, Betrachtungen anzustellen, aus dem einfachen Grunde, daß dieselben über die Unbestimmtheit des quantitativen Unterschiedes nicht hinauskommen könnten.
Aber darin mag der Verfasser mehr Genossen finden, die bei der Oberflächlichkeit der Abstraktion stehenbleiben, daß eben alles Wahre von derselben Totalität der menschlichen Natur bewirkt werde. Hier geht jedoch die Dumpfheit so weit, auch noch zu sagen, daß alles Unterschiedene auf dieselbe Weise von ihr bewirkt werde. - Insofern nun aber doch ein besonderer Unterschied in Ansehung des Inhalts zwischen Philosophie, Religion, Kunst, Wissenschaft, Staat anzuerkennen sei, so gleiche dieser sich an sich selbst aus, "denn jedes Besondere sei, da ihm ursprünglich in Absicht auf seine Kraftanlage gleicher Wert zukomme, nicht ungleich in Rang und Wert in Beziehung auf anderes Besondere, sondern in Beziehung auf sich selbst, inwiefern es das ursprüngliche Kraftmaß in sich noch nicht erschöpft hat und vollkommen darstellt". Wenn nun Religion, Kunst, Wissenschaft, Staat in Beziehung auf sich selbst an Rang und Wert ungleich sollen sein können, d. h. indem wir den Inhalt von den steifen Ausdrücken, in die er gehüllt ist, entkleiden, - wenn es schlechte Religionen, schlechte Kunstwerke und Kunstepochen, schlechte Staaten und Wissenschaften geben kann, - wie steht es damit, daß die Menschheit zu allen Zeiten mit allem Erforderlichen hinlänglich versehen ist, ihre hohen Gegenstände und Wesenheiten immer ganz besitzt, sich im Wissen vollkommen Rechenschaft darüber gibt usf.?
- Ein Unterschied von falschen, schlechten und von wahrhaften Religionen, guten oder schlechten Kunstwerken usf. würde auf Voraussetzung von Grundsätzen, Normen des Schönen, Wahren usf. führen; das Allgemeine aber ist es, wogegen der Verfasser sich auf alle Weise sträubt; so drückt er sich mit den geschraubten Formeln von Ungleichheit gegen sich selbst, nicht völliger Erschöpfung des Kraftmaßes u. dgl. herum. - Nun folgt das ganz eigentümliche Räsonnement gegen die Philosophie, das dem Verfasser, nachdem seine Schrift geendigt war, noch eingefallen ist und im Vorworte nachgebracht wird: Wolle die Philosophie einen gewissen Vorzug behaupten, so bleibe hierfür nichts übrig als eine gewisse Gemeinschaftlichkeit des Inhalts von Religion, Kunst usf. Hierin wurzele die von ihr als besonderer Vorzug in Anspruch genommene Allgemeinheit ihrem eigentlichsten Sinne nach. - Hier verfällt also der Verfasser statt der in der Schrift selbst der Philosophie zugemuteten Allheit auf die gleich schlechte Kategorie der Gemeinschaftlichkeit und versichert, dies sei nicht nur der eigentliche, sondern der eigentlichste Sinn der philosophischen Allgemeinheit.
- Zuvörderst entgegnet der Verfasser gegen den der Philosophie fälschlich aufgebürdeten Vorzug der Gemeinschaftlichkeit des Inhalts der Religion, Kunst usf., daß sich eine solche Gemeinschaftlichkeit nicht denken lasse.
(Wie dagegen der Religion, Kunst, Wissenschaft, Staat bei der einen Totalität der menschlichen Natur, die alles überall auf dieselbe Weise sogar bewirke, ein unterschiedener Inhalt herkomme, - nach einer Erklärung über dergleichen darf man bei dem Verfasser nicht nachfragen.) Nun höre man die tiefsinnige Argumentation, daß eine Gemeinschaftlichkeit des Inhalts von Religion, Kunst usf. sich nicht denken lasse: 'Haben nämlich Religion, Kunst, Wissenschaft, Staat ihren Inhalt nicht so ganz für sich, daß sie ihn nicht für sich behalten, sondern an ein Anderes abtreten können oder müssen, so haben sie ihn überhaupt nicht, und es gibt dann noch keine wahre Religion Kunst, Wissenschaft, Staat' usf. - Wo ist je einem Menschen außer dem Verfasser in den Sinn gekommen, daß die Religion, Kunst usf. ihren Inhalt an ein Anderes abtreten können oder müssen, um eine Gemeinschaftlichkeit zu haben? Ist es dem Verfasser in der Tat Ernst damit, daß z. B. die indischen, griechischen, christlichen Kunstwerke, Poeme, Skulpturwerke, Malereien usf. nichts Gemeinschaftliches haben mit dem Inhalte dieser Religionen?
Der Verfasser führt unter seinen Gebieten auch die Wissenschaft auf; hält er dafür, daß die Wissenschaften des Staats, darunter des Rechts usf., der Religion usf., nichts Gemeinschaftliches haben mit dem Inhalte des Staats, des Rechts, der Religion usf.? - Offenbar hat der Verfasser bei den leeren Abstraktionen, in denen er so breit ist, sich nichts gedacht, nicht den konkreten Sinn derselben vor seiner Vorstellung gehabt. Aber das andere Horn des Dilemma ist noch besser als die Ungereimtheit des ersten: 'Haben Religion usf. aber ihren Inhalt ganz für sich, so kann er an ein Anderes außer ihnen nur zerstückelt, d. h. in seiner Unwahrheit übergehen.' Das Resultat dieses stupenden Scharfsinns ist dann, daß 'die Philosophie in ihrer Allgemeinheit, als eben durch die Gemeinschaftlichkeit des Inhaltes aller anderen Geistesgebiete erwirkt, überhaupt nur ein Falsches habe und ihr besonderer Unterschied als radikaler Vorzug eben nur die Falschheit gegen alles andere menschliche Treiben und Beginnen' sei.

Man sieht wohl, daß der Verfasser, der ein Buch von zwei Bänden über Goethe geschrieben1) , das, was dieser geistreich fordert, daß ein Kunstwerk, Naturprodukt und Charakter usf. in seiner konkreten Individualität für sich aufzufassen und der Genuß und Begriff desselben nicht durch Vergleichung, durch Theorien und viele andere Einseitigkeiten einer abstrakten Reflexion, die eine frühe und lange Plage für ihn geworden waren, zu verkümmern und zu zertrümmern sei - das, was bei Goethe von der Einheit des Inhalts und der Form, die bei einem wahrhaften Kunstwerk statthat, vorkommt -, daß der Verfasser diese Bestimmungen sich so einprägt und sie zum Eckstein seiner Weisheit auf eine so schülerhafte Weise gemacht hat, um auch da, wo es sich um ganz andere Ganze, als ein Kunstwerk ist, handelt, um Grundsätze, Gesetze, Gedanken, überhaupt einen Inhalt, der seiner Natur nach allgemein, nicht sinnlich konkret ist, dabei stehenzubleiben und ungeschickterweise hier ohne alles Bewußtsein über die Verschiedenheit der Form dieser Gegenstände eine Anwendung von jenen sinnvollen Forderungen zu machen. Indem er diese Vorstellungen in einer Allgemeinheit, die er für sich verdammt, nimmt, gerät er in die vollständigste Verwirrung und die flachen Abstraktionen von Menschheit, Ganzes, Totalität, das ursprüngliche Kraftmaß, das, um das Wahre, Echte usf. hervorzubringen, in seiner Totalität wirksam sein müsse usf. - Es ist die Form der Allgemeinheit selbst, welche es dem Verfasser möglich macht, von seinen Gebieten und hohen Gegenständen und Wesenheiten zu reden, welche aber auch zugleich den Vorteil oder vielmehr Nachteil bringt, ihm die Inkohärenz seiner Gedanken zu verstecken. Sind denn Religion, Kunst, Wissenschaft, Staat, die hohen Gegenstände und Wesenheiten nicht Allgemeine, Gattungen, Ideen, - die Gegenstände in Form der Allgemeinheit? so seine Kategorien von Form und Inhalt? usf. Das Schlagwort, die Totalität, zu der sich die Einzelheit erweitern soll, was ist sie ohne Allgemeinheit? Daß aber die Allgemeinheit wesentlich in sich konkret sei - und dies ist die Totalität - und nur so Wahrheit habe, ist einer der Hauptsätze der Philosophie, die der Verfasser bestreitet und deren Hauptsätze er nicht kennt.
- Das Einzelne, fordert der Verfasser, soll für sich zur Totalität erweitert, selbständig sein und so selbständig genommen werden, das Besondere als ein in sich Ganzes, Abgeschlossenes, Fertiges nicht auf anderes bezogen, nicht unter Allgemeines subsumiert werden; so ist ihm die Philosophie um ihrer Allgemeinheiten, d. i. um seiner - allerdings bei ihm flach genug bleibenden - Wesenheiten und hohen Gegenstände willen, durch und durch ein Falsches. Es ist der Mangel, die Natur des Allgemeinen selbst nicht zu betrachten und zu ergründen, daß der Verfasser sich in gleich verworrenen als oberflächlichen Allgemeinheiten herumtreibt. Das Verhältnis des Allgemeinen zum Besonderen in seiner Vielgestaltung zu erkennen, ist die Aufgabe der logischen Philosophie; dem Verfasser aber fehlt es an der Kenntnis und dem Bewußtsein über die trivialsten Formen jenes Verhältnisses.

Den sublimsten Schwung seiner Verworrenheit darüber gibt sich der Verfasser bei Gelegenheit seiner Tirade über den Glauben an die Unsterblichkeit der Seele (S. 146). Die hölzerne Deklamation, in der er aufzählt, was dieser Glaube alles dem Menschen gewähre, schließt er damit: "Die Natur und ihre Wissenschaft hat den Wert einer Wahrheit an sich außer und neben der Wahrheit des Geistes" (dies ist eine neue Natur, die ohne Beziehung auf den Geist Wahrheit hat, - eine neue Wissenschaft, ohne die Beziehung auf die Wahrheit des Geistes), "kurz (!), das ganze Universum erscheint vor ihm" (dem Menschen mit jenem Glauben) "als ein in allen seinen Teilen selbständig organisiertes Ganzes" (ein für sich verworrener und zweideutiger Ausdruck, - wenigstens fassen wir daraus, daß es ein Ganzes ist, von dem die Rede sei), "wovon jeder Teil in seiner höchsten Wahrheit nur als Ganzes, das nicht aufzulösen ist, nicht aber beziehungsweise nur, Wahrheiten hat." Für den Verfasser ist es kein Galimathias, daß das Universum ein Ganzes [sei], das nur Teile hat, und wieder daß jeder Teil desselben selbst ein Ganzes und dessen höchste Wahrheit sei, ein Beziehungsloses auf einen anderen Teil und damit (da das Ganze die Beziehung der Teile aufeinander ist) beziehungslos auf das Ganze zu sein, dessen Teil er ist. - Solche Logik soll der Glaube an die Unsterblichkeit der Seele lehren; den Verfasser hat derselbe nur in den vollkommenen Widerspruch geführt, nicht zur Ahnung, in welchem Widerspruch er befangen ist, und um dieser Unwissenheit willen noch weniger zum Bedürfnis und zur Sehnsucht, den Widerspruch aufzulösen.

Referent unterläßt es, von dem ungereimten Aperçu des Verfassers über die gesamte Geschichte der Philosophie, außerhalb deren er sich zu befinden angibt, mehr als das Resultat anzuführen. Der Verfasser macht (S. 40) folgende Einteilung dieser Geschichte: Zuerst sei das All vor der Welt, vor allem gegenwärtigen Dasein und Sein aufgesucht worden; - diese Verrücktheit, das All aufzusuchen und es vor der Welt aufzusuchen, mutet er den griechischen Philosophen zu! Hätte er etwa von den Pythagoreern oder Eleaten gehört, daß jene sagten: das All und Alles ist die Zahl, diese: das All und Alles ist das Eine, ist das Sein, - so hätte er darin sehen müssen, daß diese wie die anderen Philosophen das All und Alles nicht erst gesucht, sondern das, wie andere Menschen, vor sich gehabt haben, was man das All oder das Alles so ins Blaue hin zu heißen pflegt; daß sie ebensowenig das All oder Alles zu ihrem Gegenstande gemacht, sondern vielmehr sich davon abgewendet, daß ihr Denken einen anderen Gegenstand gesucht und ihn in der Zahl, im Einen, im Sein gefunden habe. Aber die Zumutung geht über alles, daß jene Philosophen das All und das Alles vor der Welt aufgesucht haben. Dann sei das All in der Zusammenfassung des Wirklichen (hier ist das Allgemeine als Zusammenfassung genommen), also innerhalb des Wirklichen gesucht worden; endlich drittens sei der philosophische Standpunkt, als Kritizismus nämlich, das All nach der Welt zu setzen, zuletzt aber dahin gelangt, das All aufgeben zu müssen, und auf das absolute Gegenteil, auf ein Nichts zurückgekehrt und leugne nun jeder menschlichen Erkenntnis ihre objektive Wahrheit und Wirklichkeit ab, als ob (!) zwischen All und Nichts kein Drittes in der Mitte liege.
- Daß nun aber zwischen solchen Phantasmen von All und Nichts ein Drittes liege, und was dieses Dritte sei, doziert der Verfasser so: Dasselbe sei weit entfernt, All zu sein, doch ebensowenig Nichts, nämlich es sei - Etwas. Das ist eine große Entdeckung! - und noch mehr: Das Etwas sei nicht ein totes, leeres, sondern gegliedertes Etwas usf.
- Es kann nur die äußerste Dürftigkeit des Geistes sein, die mit solchem Etwas und mit den Worten von totem, leerem, gegliedertem Etwas usf. etwas gesagt zu haben meint.
- Wir übergehen gleichfalls, was der Verfasser, von außerhalb der Philosophie, dieser Wissenschaft weiter Übles nachzusagen sich anstrengt; die Unwissenheit, zu der er sich über dieselbe bekennt, schließt es von selbst aus, daß er etwas Treffendes vorzubringen fähig sei. Er behilft sich damit, einen Gedanken, der über den geschichtlichen Moment der Erscheinung des Philosophierens von der Philosophie aus, die er bestreitet, geäußert worden ist, aufzunehmen, - aber freilich von der Hauptsache nichts zu wissen, wie die Zurückdrängung des Geistes in sich aus dem unglücklichen, entzweiten Zustand einer existierenden Welt sich in einer ideellen, wahrhafteren Welt eine Zuflucht, ein Heilmittel und den höheren Frieden, der ihm im Dasein nicht mehr werden kann, gewinnt.
Er versichert dagegen S. 48, "daß von der Erstrebung eines objektiven, wahren Inhalts durch die Philosophie durchaus nie und nirgends etwas sich zeigte". Schwerlich ist je der fanatischste Zelot gegen die Philosophie in der Blindheit seines Verunglimpfens so weit gegangen. Bei anderen Zeloten findet sich oft eine Wärme, Lebhaftigkeit, Energie, Kühnheit; aber hier geht alles in derselben Kälte, Steifheit, geschraubten Demütigkeit und Schwerfälligkeit vor sich.

Von solcher Erkenntnisfähigkeit und Geistesdisposition sind nichts weiter als gemeine, invidiöse Vorstellungen zu erwarten.
So findet sich S. 72 die Konsequenz: "Der Staatsmann, der Religiöse, der Künstler, das entdeckende Genie denken also nicht"; solche Konsequenz erlaubt sich der Verfasser gegen eine Philosophie zu machen, welche von aller menschlichen Tätigkeit behauptet, daß Denken darin sei. Gleich darauf setzt der Verfasser solche Unbestimmtheiten wie "höheres, angemessenes Denken", das den anderen Gebieten abgesprochen werden solle, an die Stelle der bestimmten Unterschiede, welche die Philosophie macht, und führt sie als historische Angabe von derselben auf, wie er kurz vorher die Konsequenz machte, daß auf anderen Gebieten außer der Philosophie gar nicht gedacht werde. - Damit bringt er ferner eine ähnliche scharfsinnige Argumentation in Verbindung wie die oben erwähnte.

Die Philosophie nehme den Inhalt der anderen Gebiete in Anspruch und behaupte, ihm die gedankenmäßige Form verleihen zu wollen; nun fragt der Verfasser: "Wie kann ein vernünftiger Inhalt ohne seine verhältnismäßige Gedankenform bestehen?" - was niemand in Abrede stellen wird -, und macht jetzt das treffliche Dilemma: "Haben jene Gebiete vor Dazwischenkunft der Philosophie nicht die schlechthin gemäße, vernünftige Gedankenform, wo ist da ihr Inhalt überhaupt vernünftig?
Und sieht denn die Philosophie nicht, wenn sie zu einem nicht vernünftigen Inhalt die vernünftige Form hinzufügen will", fragt er, "daß dies entweder schlechthin nichtig oder jedenfalls ein sehr vergebliches Bemühen ist?" Der Tiefsinn des zweiten Horns dieses Dilemma gestattet es, dasselbe mit Stillschweigen zu übergehen; in Ansehung des ersten wäre es überflüssig, z. B. zu bemerken, daß Gott die Welt vernünftig erschaffen hat, daß aber dieser vernünftige Inhalt in der sinnlichen Anschauung noch nicht die vernünftige Gedankenform hat, sondern erst durch das Nachdenken der Menschen diese Form erzeugt wird; daß die Wissenschaften, welche mit den einzelnen Naturgestaltungen und -erscheinungen zu tun haben, nur darum Wissenschaften sind, weil sie diese in den sinnlichen Schein vernunftloser Äußerlichkeit zerstreuten Einzelheiten durch einen allgemeinen Charakter bestimmen, sie auf Gattungen, Arten, auf Gesetze reduzieren, und daß Gattungen, Arten, Gesetze, allgemeine Charaktere usf. Gedankenformen sind. Wer einerseits ein philosophisches System studiert [zu] haben und es beurteilen zu wollen angibt und andererseits sich so sehr auf den unphilosophischen Standpunkt stellt, um dergleichen Kenntnisse nicht zu haben, gegen den wäre es, wie gesagt, überflüssig, das Angeführte auseinanderzusetzen und die fernere Anwendung davon auch auf die Gestaltungen der geistigen Welt zu zeigen.
Der Verfasser greift, wie oben zu einem Verse, hier (S. 120) auch einmal in Ansehung der Allgemeinheit zu einem anderen Ausspruche: 'Wer in einem Falle die Tausende mitzusehen nicht vermöge, sei kein wissenschaftlicher Kopf.'
Der Verfasser hätte auch wissen müssen, daß ein solcher umgekehrt in tausend Fällen, Pflanzen, Tieren, Begebenheiten usf. nur einen Fall, nur eine Pflanze usf. sehen, d. i. daß er denken kann und das Denken jenen individuellen Einzelheiten in den Klassen, Gattungen, Gesetzen usf. eine andere Form gibt, als sie in ihrer empirischen Existenz haben, und doch ihren Inhalt so sehr nicht verändert, daß er sie damit vielmehr auf ihren wahrhaften Inhalt zurückbringt. Diese Begriffe sind so elementarisch, daß es den außerphilosophischen Standpunkt des Verfassers keineswegs kompromittieren würde, einige Kenntnisse davon zu haben, wie er an dem Beispiel der sonst gebildeten außerphilosophischen Menschheit sehen kann, als welcher jene Bestimmungen ganz geläufig sind. Aber die Gedankenwelt und das Vernünftige liegt nicht so auf der sinnlichen Oberfläche, daß es nur so "in die Hand" gegeben, noch mit einigen aufgerafften Sprüchen und dem Dünkel einer rohen dürftigen Reflexion erfaßt werden könnte.

Der zweite Teil der Schrift (von S. 79-118) - "ein Abriß des Systems des Herrn Hegel nach dessen Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften" - ist teils ein trocknes Inhaltsregister, von dem man nicht sieht, wem es dienen soll, teils von der Einleitung ein weitläufigerer, in den Vortrag der Sache eingehender Auszug; es wird dadurch etwas glaubhaft, daß ein anderer der beiden sonst so "sehr glücklich übereintreffenden" Verfasser denselben angefertigt habe; in der übrigen Broschüre gibt sich nichts zu erkennen, das ein Eindringen in die Sache und ein Fassen und Erkenntnis des Inhalts zeigte. Die eigenen Reflexionen des Verfassers sind ohne die geringste Kritik der von ihm gebrauchten Kategorien herausgequält; zu einigem Bewußtsein über seine Gedankenformen sowie zu einiger Rücksicht auf den Sinn dessen, was er bereitet, hätte er sich, wenn er das Werk selbst studiert hätte, doch wohl verleiten lassen.

Der dritte Abschnitt, von S. 119 bis Ende, ist "Kritik des Hegelschen Systems". Zu derselben findet der Verfasser für seinen außerphilosophischen Standpunkt einen bequemen, bereits fertigen Anknüpfungspunkt darin, daß er in diesem Systeme die Vernunft für etwas Wirkliches erklärt findet, worüber es ihm nicht entferntest einfallen könne, Hegel etwa deswegen beschelten zu wollen. S. 121: Eine Kritik sei hiermit eben auch angewiesen, dies Verhältnis der Wirklichkeit aufzufassen und praktisch (!?) wie theoretisch die Gleichung seiner (?) mit dem spekulativen Resultate vorzunehmen; - die Geschraubtheit der Reflexionsweise macht den Verfasser auch ein so ungeschicktes Deutsch schreiben. - Bei der Vollziehung dieser Gleichung, wie er es heißt, hat der Verfasser kein Bedenken über die eine Seite, nämlich ob er faktisch, ohne Philosophie, Philosophisches aufzufassen befähigt sei; er scheint dies für sich vorauszusetzen, ohne sich daran zu erinnern, daß er der Menschheit von Haus aus das Organ für das, was er als den Gegenstand der Philosophie ansieht, abspricht; es ist daher auch nicht tunlich, die Bildung und Übung eines mangelnden Organs, eine Gewohnheit im Denken und im Auffassen von Gedanken von ihm zu verlangen. Was dagegen die andere Seite betrifft, so meint er (S. 121), "wenn wir uns über dasjenige, was auch wir für wirklich halten, leicht vereinbaren dürften, so möchte damit die Übereinstimmung in dem, wie wir es uns als wirklich denken und denken müssen, mit Herrn Hegel noch nicht gegeben sein". Wie kommt der Verfasser hier auf einmal zu einem Denken und Denkenmüssen, und vollends darauf, von einem Denken des Wirklichen zu sprechen? Besäße er sonst mehr von dem Organ der Philosophie, so wäre ihm ferner bekannt, daß das Wie des Denkens, das ihm Bedenken macht, sich zum Was zu schlagen pflegt und diese Unterscheidung sehr nichtssagend ist.
Ein genügendes Beispiel, wie das Wie des Meinens zu einem historischen Was wird, bietet der Verfasser selbst dar, der in einer früheren Schrift
2) , soviel Referent sich noch erinnert, von Homer die geschichtliche Darstellung macht, daß derselbe ein Trojaner, Zeitgenosse und Vetter des Äneas gewesen, ferner an dem Hofe eines nach Iliums Fall weit dahinten in Asien sich forterhaltenden trojanischen Reichs gelebt, wie denn die Dichter an den Höfen leben müssen, was Goethes Beispiel beweise; Homer als Trojaner habe die Griechen als die unsittlichsten Menschen geschildert, indem er sie am Tage der Zerstörung Trojas sich habe betrinken und gegen die Sittlichkeit abends eine Volksversammlung halten lassen, welche dann auch unordentlich genug ausgefallen sei, usf.
- Man sieht, daß, wenn so der Verfasser sein Wie, die superiören Aperçus, die ihm aus seinem Denkenmüssen der Wirklichkeit hervorgehen, zu dem historischen Was zu schlagen gewohnt ist, allerdings die zweite Seite der Wirklichkeit unüberwindliche Schwierigkeiten mit sich führt, sich mit ihm darüber zu vereinbaren. - Ein drittes Ingrediens dabei ist das Räsonnement, indem die Vergleichung zwischen den Tatsachen und den Begriffen doch nicht ganz nackt vorgenommen werden kann. Von dem außerphilosophischen Räsonnement des Verfassers über philosophische Gegenstände sind Proben genug gegeben; aber in dieser kritischen Partie wird dasselbe noch transzendenter. Es soll nur weniges davon ausgehoben werden; zunächst sein hier breiter ausgeführtes Räsonnement gegen die Form des spekulativen Denkens.
Er stellt die Frage, ob diese Form die allgemeine Form des Wahren sei, in welcher sich die Wirklichkeit darbietet. Es wäre mit "ja" auf diese Frage zu antworten, daß sich die Wirklichkeit dem Denken in dieser allgemeinen Form, welche die Form des Denkens ist, darbiete; diese Antwort setzte einen platten Sinn der Frage voraus, aber er zeigt sich im Verfolg als noch platter: nämlich ob sich die Wirklichkeit jedem Verhalten zu ihr überhaupt, es sei ein Hinsehen, Hinhören usf., was es sonst sein mag, in spekulativer Form darbiete. Er räsoniert gegen diesen seinen Einfall - was freilich ein Leichtes ist -, daß nämlich die Spekulation die Form der Allgemeinheit vielmehr der Wirklichkeit abspreche und sich vindiziere; er doziert das Überflüssigste, daß "Kunst, Wissenschaft, Staat, Religion, als Wirklichkeit gefaßt, sich in der Tat in einer ganz anderen Form darstellen, welche von der Form der Spekulation ganz verschieden" sei.
Er führt dies in einem weiteren Räsonnement aus: 'Wenn das Wesen der genannten Gegenstände durch die eigentümliche Form in der Wirklichkeit nicht ausgedrückt würde, sondern dies erst durch die Spekulation geschehen müßte, so müßte bis dahin auf ein Nichtwissen, Nichtkunst, Nichtreligion, Nichtstaat zu erkennen sein.' Der Verfasser würde, wie oben bemerkt, von Anfang an konsequenter gewesen sein, wenn er sich sonst und auch hier enthalten hätte, vom Wesen zu sprechen, da er das Allgemeine überhaupt perhorresziert; ebensowenig als mit solcher leeren Abstraktion ist dann mit der eigentümlichen Form gesagt; dies ist ein gleich unbestimmter Ausdruck. Dächte er sich bei Wesen und bei Eigentümlichkeit in der Tat etwas Bestimmtes, so hätte ihm einfallen müssen, daß es Religionen, Künste usf. gegeben hat, welche das Wesen ihrer Gegenstände im Apis oder Affen usf., in fratzenhaften oder schönen Stein- und Farbenbildern wohl auf eine eigentümliche, aber nicht dem Wesen eigentümliche Weise gewußt und ausgedrückt haben, so daß die Philosophie allerdings auf schlechte oder, wenn der Verfasser lieber will, auf Nichtreligionen, Nichtkünste usf. erkannt hat.
- 'Damit aber', wird weiter argumentiert, 'verfällt die Spekulation in einen neuen Widerspruch, da ja jene Gegenstände doch in der Tat Wirklichkeiten seien; und auf der andern Seite, wenn es nur Nichtwirklichkeiten sind, so hat sie keine Objekte, da sie es doch mit Wirklichem zu tun habe.' - Der Verfasser hat seine Einfälle in eine in der Tat bündig erwiesene Verlegenheit versetzt: die Wirklichkeiten sind nicht in der Form der Spekulation, also sind sie ihr Nichtwirklichkeiten; nun aber sind sie teils doch, teils hat die Spekulation selbst es mit Wirklichkeiten zu tun, wie kann sie existieren, wenn sie nur Nichtwirklichkeiten vor sich hat? "Wenn sie", fährt der Verfasser fort, "aber denn doch eine Wirklichkeit behaupten, so würde hier Wirklichkeit gegen Wirklichkeit auftreten" (diese zweite Wirklichkeit sind die spekulativen Einfälle des Verfassers), "und es ist klar, daß eine davon die gemachte, die falsche, eingeschwärzte sein muß." Was in solchem Drange die Spekulation für einen Ausweg suche, gibt der Verfasser auf seine Weise an, ihm selbst aber muß es überlassen bleiben, die von ihm erschaffene Verlegenheit zu heben. 

Andere Kruditäten seines Scharfsinns, z. B. S. 181, daß wir finden, daß die Dinge keineswegs verschwinden, wenn wir auch unser Bewußtsein über dieselben verschwinden machen, oder S. 204, daß er gegen die in der Enzyklopädie betrachtete Unmittelbarkeit beliebig angibt, was er mit dem Namen "unmittelbare Hervorbringung" belegt wissen, und daß er noch willkürlicher die Vermittlung, die in allen Beispielen, die er anführt, am allernächsten in der Kategorie des Hervorbringens selbst liegt, übersehen will; - den langen Zug von Trivialitäten durchmustern, sie zergliedern, widerlegen zu wollen, insofern sie Einwürfe, Belehrungen oder Vernichtungen sein sollen, ist für sich unstatthaft. Aber vollends untunlich wird es durch ein weiteres Ingrediens in diesem Gebräue, das womöglich noch abstoßender ist. Das Verfahren, bei der Kritik einer Philosophie von der Philosophie zu abstrahieren und zwischen dem, was der Verfasser Wirklichkeit in Religion, Staat usf. nennt, und dem, was er für faktische Resultate der kritisierten Philosophie - wie den Homer für einen Trojaner, Vetter des Äneas usf. - ausgibt, eine äußerliche Vergleichung anzustellen, gibt das wohlbewußte Mittel an die Hand, eine Philosophie durch alle beliebigen Gehässigkeiten hindurchzuziehen. Dieses selbst in den Händen von dürftigen und schwachen Köpfen sonst mächtige Mittel ist jedoch längst stumpfer geworden, sei es durch Gleichgültigkeit gegen die Philosophie oder gegen die Religion, oder sei es aus einem tieferen und würdigeren Gefühl beider. Es ist das Verfahren, Religion überhaupt, Christentum insbesondere und dessen nähere Lehren, die Dreieinigkeit, Christi Erscheinen, die Unsterblichkeit, und überdem den Staat, wie diese Bestimmungen geistlos in den nächsten besten positiven Ausdrücken aufgenommen werden, zusammenzustellen mit dem, was teils faktisch falsch, teils so für die Resultate einer Philosophie ausgegeben wird, indem es zu begrifflosen Worten vereinzelt worden ist.
Der Verfasser steigert dies Verfahren vollends zu einer transzendenten Virtuosität, indem er wissentlich die Form der Wissenschaftlichkeit verkennt; derselbe Inhalt, insofern er gedacht ist, ist für ihn dieser Inhalt nicht mehr. Er ist so dürftig, immer dieselbe Polemik gegen die Form des spekulativen Begriffes zu wiederholen, nur in immer größerer Verworrenheit. S. 131 weiß er von einem Ansinnen "der Spekulation, nach welchem" die Wirklichkeit Wahrheit als absolut wahr nur insofern entwickeln solle, daß sie nicht auch in sich selbst Wahrheit sei (man versuche, hierbei sich etwas zu denken!) sondern ihre höchste Sanktion erst aus einem Anderen, wie z. B. dem spekulativen Begriffe, entwickeln müsse; - wo [anders] hat der Verfasser gefunden als in seiner eigenen Verkehrung, daß der wieder beispielsweise angeführte spekulative Begriff etwas anderes sein solle als die innere Wahrheit der Wirklichkeit selbst? Er fährt fort: die Wahrheit der Wirklichkeit in spekulativer Form sei dieser fremd; - dies Hauptargument des Verfassers kann ihm bei der Unbestimmtheit der vorausgesetzten Wirklichkeit beliebig zugegeben werden, und ebensosehr auch nicht; die Wahrheit in Form der Religion ist ebensosehr der Sonne, den Gestirnen usf., den Pflanzen und den Tieren, auch dem Bedürfnis und Geschäftsleben der Menschen fremd; die Sonne, die Gestirne usf., die Pflanzen, Tiere, Menschen sind ebensowenig Kunstwerke. Daß der Verfasser die Wissenschaften freilich bei eingeschränkten Kenntnissen von denselben, nicht aber den sich und die Wirklichkeit im reinen Denken wissenden Geist als eine Wirklichkeit gelten läßt, ist ein Belieben seiner Idiosynkrasie, welches, weil der Wirklichkeit die Wahrheit in spekulativer Form fremd sei, diese für "eine Fiktion" erklärt, für ein Machwerk des spekulativen Begriffs, womit er sich selbst und andere täusche.
- Die Kategorien Fiktion, Machwerk, Täuschung, welche die dünkelvolle Unwissenheit des Verfassers von spekulativer Wissenschaft gebraucht, können als ganz richtig auf die Kunst angewendet betrachtet werden; dessen ungeachtet gilt dem Verfasser die Kunst für eine Wahrheit der Wirklichkeit, ist eine seiner Sphären der hohen Gegenstände und Wesenheiten der Menschheit. Seiner Menschheit macht es dann der Verfasser im Gegensatz gegen jenes spekulative Fingieren usf. sehr bequem mit ihrer wahrhaften Wirklichkeit; "die Wirklichkeit"; sagt er, "weiß (?) nur, wenn man die höchste Wahrheit finden will, daß man sich auf die höchsten Standpunkte ihrer, wie sie in der Wirklichkeit ist, stellen muß". Es ist damit eine große Leichtigkeit angegeben, die Wahrheit zu finden; man hat sich eben ohne weiteres auf die höchsten Standpunkte zu stellen; oder auch ist nur ausgedrückt, daß die Wirklichkeit, doch wohl nur die des Verfassers, von dem Wege, wie zur Wahrheit zu gelangen sei, nur so viel anzugeben weiß. Schon vorher (S. 120) hatte er dem Glauben solche Leichtigkeit zugeschrieben; derselbe, heißt es dort, "gibt mit einem Male in die Hand, was das Zählen, Rechnen" (darunter versteht er das Denken) "mühselig zustande bringt".
Die oben angeführte "Durchmusterung" der Wissenschaften, der Geographie und der Astronomie, mag den Lesern des Verfassers wohl den Glauben in die Hand geben, daß dessen wissenschaftliche Kenntnis nicht durch vieles Zählen, Rechnen zustande gekommen ist, und in Ansehung der Philosophie ist dem Referenten durch die Schrift des Verfassers der Glaube gleichfalls nahegelegt, daß sie nicht durch Gedanken, auch nicht durch schlichten Glauben dem Verfasser in die Hand gegeben worden ist.
Der schlichte Glaube spreizt sich nicht auf, über Wissenschaften mitzureden, außerhalb derer er seine Stellung zu haben weiß; viel weniger betritt er den finsteren Weg der Gehässigkeit, des Hohns oder gar einer vielleicht selbst skurril zu nennenden Laune.

Auf den Grund der anzustellenden Vergleichung der philosophischen Resultate mit der Wirklichkeit kann der Verfasser S. 173 mit behaglicher, satirisch sein sollender Wohlmeinenheit "nicht die Gelegenheit vorübergehn lassen, Herrn Hegel gegen einen Vorwurf in Schutz" (? welche gewichtige und wohlwollende Protektion!) "zu nehmen, der ihm in politischer Beziehung auf sein Philosophieren gemacht wird, als ob der sich nämlich nur gewissen Ansichten zuliebe bequeme, die Monarchie als die höchste, als die absolute Form des Staats für den Begriff zu entwickeln. Von solchem Vorwurfe befreit indessen Herrn Hegel am meistens (man sieht, daß dem Verfasser nicht der Begriff der Sache und das Beweisen aus demselben, sondern exoterische Beziehungen für das meiste gelten) "dies, daß er, in einem Staate lebend welcher nicht im eigentlichen und entwickelteren Sinn konstitutionell genannt werden kann" (und warum nicht, verschweigt der Verfasser. Der Name tut nichts zur Sache; welche der vielen Theorien von einem konstitutionellen Staate er im Kopfe habe, hätte er angeben und vor allem zeigen müsssen, daß seine Theorien etwas taugen), "und beauftragt (?), über Naturrecht und Staatswissenschaft Vorlesungen zu halten, die rein (?) konstitutionelle Monarchie seiner wissenschaftlichen Überzeugung nach als das Absolute einer Staatsform, nicht die Monarchie an sich aufstellt."
Der Verfasser bemüht sich, in behaglicher Gehässigkeit mit wiederholter besonderer Anführung der Beauftragung, solchen Widerspruch in geflissentlicheren Zügen auszuführen; dies ist ihm, wie seine Floskeln vom Absoluten einer Staatsform und sein Abstraktum von einer Monarchie an sich, zu überlassen.

Die widrigste Seite der Schrift ist leider endlich auch noch zu erwähnen: der traurige Kitzel des Verfassers, launig und spaßhaft zu tun. Es mag das eine Beispiel von dieser abgeschmackten Sucht erwähnt werden, wo sie ihn bei der Lehre von der Unsterblichkeit befällt. Diese Lehre ist außer den politischen Insinuationen diejenige, die am häufigsten gebraucht zu werden pflegte, um auf eine Philosophie Gehässigkeit zu werfen. Für den Verfasser - er findet die erwähnte Lehre nicht in der Philosophie, die er zu betrachten vorgibt - ist es nicht vorhanden, daß in dieser Philosophie der Geist über alle die Kategorien, welche Vergehen, Untergang, Sterben usf. in sich schließen, erhoben wird, unabgesehen anderer, ebenso ausdrücklicher Bestimmungen; er mag die Lehren des Christentums etwa in der Form des Katechismus erkennen, aber das Philosophische und derselbe Inhalt, wenn er in philosophischer Form ist, existiert nicht für ihn. Im Zusammenhang mit jener Lehre vermißt er auch den Tod in jener Philosophie (S. 143), und umgekehrt, wenn ihm einmal zu wenig vom Tod darin vorkommt, ist ihm ein andermal zuviel darin. Bei der Angabe der Lebensalter (§ 396 der Enzyklopädie), sagt der Verfasser, wäre der rechte Platz für die Abhandlung des Todes gewesen, und tadelt es, daß er zum Greisenalter nicht auch ausdrücklich den Tod genannt findet (will der Verfasser den Tod als ein Lebensalter betrachtet wissen? soll in der Todesanzeige von einem Menschen gesagt werden, er sei in das Lebensalter des Todes getreten?), und indem er den Tod hier nicht findet und dann, wie es scheint, an einem Übergange des Begriffes stockt, wird er (gottlob! heißt es irgendwo; hier möchte man ausrufen: Gott sei's geklagt! er wird) - witzig?! Er geht - in einem sonst genug verworrenen Unzusammenhang, den Referent nicht zu entwirren imstande war - zu der Konsequenz fort, zu fragen, ob Hegel meine, bei lebendigem Leibe gen Himmel gefahren zu sein? Derselbe würde erst den letzten Beweis für die Richtigkeit seiner Philosophie, und der ihm zugleich die allgemeinste Zustimmung sichern würde, geben, wenn er wenigstens wie der ewige Jude auf Erden nicht stürbe.
- Hat der Verfasser in der Freude über seinen Einfall nicht bedacht, daß er damit, nur wenigstens so wie der Mann in der Legende nicht zu sterben, eine zu leichte Forderung an den Beweis der Richtigkeit einer Philosophie gemacht hat?
Oder hält der Verfasser im Ernste jene Legende für eine wahre Geschichte, wie die Zeitgenossenschaft und Vetterschaft Homers mit Äneas? So hätte er sich noch weiter über die geistreiche Grundlage seines Einfalls auslassen können, wie das geforderte Nichtsterben von ihm und anderen, für die damit ein Beweis geleistet werden sollte, zu erleben wäre!
- Für die Talentlosigkeit des Verfassers zum Spaßhaften, in welchem er es nicht über die dürre Sucht des Hohnes hinausbringt, könnte noch sein Herumreiten auf einer Anspielung, die er auf die Redensart hic Rhodus, hic salta und auf das bekannte Symbol der Rosenkreuzer, welches seine Unwissenheit nicht zu erkennen scheint, gefunden hat, angeführt werden. Aber von derlei Ingrediens trister Gereiztheit und eines anschuldigenden und verunglimpfenden Unmuts ist die Schrift zu widrig angefüllt, um sich darauf, wie auf das damit ohnehin kontrastierende fromme Aufspreizen mit Christentum, einlassen zu können.
Dieser Ton unglücklicher Gereiztheit, mit dem Mangel an Kenntnissen und mit der Gehaltlosigkeit der Vorstellungen verbunden, machen, wenn man sich auch durch die steife, schwerfällige Wohlgesetztheit und Ungeschicklichkeit der Rede und des Stils durcharbeiten wollte, den Gedanken vergehen, hier Einwürfe zu sehen und das Vorgebrachte widerlegen zu wollen; eine Polemik, die zum voraus sich erklärt, nicht in den Gegenstand eingehen zu wollen, und sich aus gehässigen Insinuationen und höhnisch sein wollenden Abgeschmacktheiten zusammensetzt, ist zu ärmlich - man weiß nicht, ob es zuviel wäre, sie schäbig zu nennen -, um sich nicht mit Ekel davon abzuwenden und sie nicht in der Meinung und in dem Genusse der selbst gepriesenen "gehörigen Tiefe und Gründlichkeit" weiter ungestört zu lassen. 
 

1) K. E. Schubarth, Zur Beurteilung Goethes in Beziehung auf verwandte Literatur und Kunst, Berlin 1820

2) K. E. Schubarth, Homer und sein Zeitalter, Breslau 1821

 

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