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[Zweites Bruchstück]

§

Die Endlichkeit des Geistes ist eine für sich, aber auch darum vornehmlich wichtige Bestimmung, weil von ihrem wahrhaften Verhältnis nur eine spekulative Erkenntnis möglich ist, diese aber, weil die Endlichkeit für eine bekannte, für sich sich verstehende und schlechthin feste Bestimmung genommen wird, so sehr den Mißverständnissen ausgesetzt ist. Obgleich die Unwahrheit solcher Bestimmung, wie die Endlichkeit überhaupt, aus der Logik vorauszusetzen ist, so ist sie in der konkreten Bedeutung als Endlichkeit des Geistes und um des besonderen Interesses [willen], das sie insofern hat, hier näher zu erörtern.

§

Die Endlichkeit ist zunächst die qualitative überhaupt, so daß die Qualität als Bestimmtheit mit dem Sein, der Gattung des Gegenstandes identisch, von ihr untrennbar [ist] und daß sie an einer anderen von diesem Subjekte ausgeschlossenen Qualität ihre Bestimmtheit und Schranke hat. Diese Endlichkeit ist die der natürlichen Dinge, wie die spezifische Schwere des Goldes vom Sein des Goldes untrennbar und an einer anderen außer dem Golde ihren Unterschied und Bestimmtheit hat, so diese Form der Zähne, der Klauen usf. eines Tieres usw. Die Endlichkeit in ihrem Begriffe aber ist die Unangemessenheit des Begriffes und seiner Realität, so daß diese seine Realität an dem Begriffe ihre Bestimmtheit oder Schranke hat, und für den Begriff eines endlichen Gegenstandes bedarf es um dieser Unangemessenheit willen, weil der Begriff ganz und ungetrennt ist, noch anderer Gegenstände - wie für den Begriff der Sonne nicht bloß der Sonne, sondern auch der Planeten und so ferner.

§

Die Idealität, welche die Qualität des Geistes ausmacht, ist ein solches, worin alle Qualität als solche sich aufhebt, das Qualitätslose, - und die Endlichkeit des Geistes ist daher so zu fassen, daß, indem er in der Idealität aller Schranken der zur Existenz gekommene freie unendliche Begriff ist, seine Endlichkeit nur in die ihm unangemessene Weise der Realität fällt.

§

Weil der Geist die zur Existenz gekommene Freiheit des Begriffes ist, so ist jene ihm unangemessene Realität, die Schranke, für ihn. Eben darin, daß sie für ihn ist, steht er über derselben, und die Beschränktheit des Geistes hat damit eben diesen ganz anderen Sinn als die der natürlichen Dinge; daß er sich als beschränkt weiß, ist der Beweis seiner Unbeschränktheit.

Die Schranken der Vernunft, die Beschränktheit des Geistes sind Vorstellungen, welche ebenso für ein Letztes, ein für sich gewisses Faktum als für etwas Bekanntes und für sich Verständliches gelten. Sie [sind] aber so wenig ein für sich Verständliches, daß die Natur des Endlichen und Unbeschränkten und ebendamit sein Verhältnis zum Unendlichen den schwersten Punkt, man könnte sagen, den einzigen Gegenstand der Philosophie ausmachen; ebenso ist die Schranke nicht das Letzte, sondern vielmehr, indem und weil der bewußte Mensch von der Schranke weiß und spricht, ist sie Gegenstand für ihn und er hinaus über sie.
Diese einfache Reflexion liegt ganz nahe, und sie ist es, die nicht gemacht wird, indem von den Schranken der Vernunft und des Geistes gesprochen wird.
- Der Mißverstand beruht auf der Verwechslung der qualitativen Schranken der natürlichen Dinge und der nur im Geiste, nur ideellen, wesentlich zum Scheine herabgesetzten Schranke. Die natürlichen Dinge sind eben insofern natürliche Dinge, als ihre Schranke
nicht für sie selbst ist; sie ist es nur für den Geist. Die natürlichen Dinge sind beschränkt, und sie sind es für uns, in Vergleichung mit anderen Dingen und ohnehin mit dem Geiste.
- Diese Vergleichung aber machen die natürlichen Dinge nicht, nur wir machen sie, machen die Vergleichung des Geistes in sich mit demselben, wie er als fühlender, verständiger, wollender usf. beschränkt ist, aber eben dieses Vergleichen, dies Aussprechen seines Beschränktseins ist selbst die Erhebung über sein Beschränktsein. - Zur Schranke gehören
zwei; die Schranke ist eine Negation überhaupt; daß Etwas beschränkt sei, dazu gehört das Andere desselben; jedes der beiden ist beschränkt, und die Schranke ist, wenn man will, das Gemeinschaftliche beider oder vielmehr das Allgemeine derselben. Indem aber der Geist von der Schranke weiß, indem sie für ihn ist, darin schon ist sie selbst als Gegenstand, als das Andere gesetzt; dies Andere der Schranke aber zunächst ist das Unbeschränkte, das Andere des Endlichen ist das Unendliche.
- So hat dann das Endliche seine Beschränktheit an dem Unendlichen, das Beschränkte hat das Unbeschränkte zu seiner Schranke oder Grenze. Allein diesen beiden ist so die Schranke das Gemeinschaftliche, und in der Tat ist das Unbeschränkte, die Unendlichkeit, welchen das Beschränkte, die Endlichkeit das gegenüberstehende Andere ist, selbst nur eine endliche. An den Mißverstand über die Natur der Schranken des Geistes und die Endlichkeit überhaupt schließt der Verstand sogleich diesen anderen Mißverstand an, eine solche Unendlichkeit, welcher das Endliche gegenüberstehen bleibt, für etwas mehr als ein bloßes Abstraktum des Verstandes, für etwas Wahrhaftes zu halten. - Hier, wo es sich von einer konkreten Idee, dem Geiste handelt, müssen alle diese Gewohnheit[en] des abstrakten Verstandes längst aufgegeben sein.

§

Der Begriff oder die wahrhafte Unendlichkeit überhaupt und damit die des Geistes ist, daß die Schranke als Schranke für ihn sei, daß er sich in seiner Allgemeinheit bestimme, d. i. sich eine Schranke setze, aber daß sie als ein Schein sei; er ist dies, ewig sich diesen Schein zu setzen, die Endlichkeit nur als ein Scheinen in ihm zu haben, d. i. sich Begriff so zu sein, wie der Begriff in der Philosophie ist. Das Sein des Geistes [ist] nicht Sein, insofern es von der Tätigkeit unterschieden wird, sondern sein Sein ist eben diese Bewegung, sich als Anderes seiner selbst zu setzen, und dies Andere seiner aufzuheben, zum Scheine herabzusetzen und so in sich zurückzukehren; diese sich hervorbringende Idealität [Der Text bricht hier ab]

 

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