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Über Grundlage, Gliederung und Zeitenfolge der Weltgeschichte

Drei Vorträge, gehalten an der
Ludwig-Maximilian-Universität in München
von J. Görres. Breslau 1830                                               
in: Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik 1831

Herr Görres zeigt sich in dieser Schrift dem Publikum in einer neuen Stellung, als Universitätslehrer, der einen didaktischen Vortrag über einen wissenschaftlichen Gegenstand vorhat und hier in drei Vorlesungen die Einleitung dazu auch dem Publikum mitteilt. Früher ausgezeichnet durch die Beschäftigung mit den beiden Extremen alter asiatischer, nordischer usf. Mythologie und Dichtkunst und des gegenwärtigen politischen Interesses und der Handlung der Tagesgeschichte, dort graue Gestalten und kahle Namen und trockene Züge mit tiefen Ahnungen, mehr mit einer Phantasie des Gedankens als mit Gedanken selbst, und kühnen Kombinationen belebend, erweiternd, erfüllend, hier unmittelbar in die Situation des Augenblicks eingreifend und das Gemüt des Volks mit leidenschaftsvoller Beredsamkeit zum Enthusiasmus der Tat entflammend. Jene dunklen Anfänge durch die lange Kette der Weltgeschichte mit der jetzigen Gegenwart zu verknüpfen, macht sich nun der Herr Verfasser zur Aufgabe. Schon der Gegenstand, der die offenliegende Geschichte ist, wie der leidenschaftslose Zweck, wissenschaftliche Einsicht und Belehrung zu bewirken, muß viel von der Behandlungsweise, durch welche jene Arbeiten einen Teil ihrer Zelebrität erhalten haben, entfernen. Wenn dort Phantasie, kühne Kombinationen, Hitze, Beredsamkeit zu oft auch mit Phantasterei, leerem Spiele von Analogien und bloßen Einfällen, blinder Leidenschaftlichkeit und Bombast verbunden waren, so muß dergleichen hier in dem Lehrvortrag eines wissenschaftlichen Ganzen gegen Gedanken, historische Begründung und Kälte des Verstandes zurücktreten; doch in einer Einleitung, die uns einstweilen der Herr Verfasser in die Hände gegeben, wird ein Ingrediens von blühender Phantasie, Bildern, von Wärme und Beredsamkeit nicht an unrechter Stelle gefunden werden.

Für den Zweck einer kritischen Anzeige sollte der reinere, d. i. abstraktere Inhalt herausgehoben werden, aber es zeigt sich beinahe untunlich, ihn von der lebhaften, warmen Bildersprache, in die er nicht sowohl eingehüllt, als an die er vielmehr ganz gebunden ist, zu befreien; es könnte selbst leid tun, den Schmuck des Vortrags ganz beiseite zu setzen; es ist jedoch nicht zu leugnen, daß dies durch alle Perioden der drei Vorlesungen fortquallende rednerische Tönen der Wirkung durch die Ermüdung Abbruch tut und selbst im Lesen zu häufig mehr die Ohren als den Geist erfüllt. - In der ersten Vorlesung gibt der Herr Verfasser S. 6 den Inhalt dieser und der zwei folgenden dahin an, daß er sich darüber zu erklären habe,

erstens, welches herrschende Grundprinzip er der Geschichte unterlege und in welcher Weise er von dem Entgegengesetzten sich lossage;

zweitens, in welcher Ordnung dies herrschende Grundprinzip mit den anderen abgeleiteten und untergeordneten Prinzipien sich verkette und wie eben daraus auch die gegenseitige Unterordnung und Bedeutung der verschiedenen Normen sich ableite, die als Leitsterne, wie den Gang der Geschichte selbst in der Tat, so auch die Wissenschaft in der Anschauung lenken und regieren; endlich

drittens, wie aus dieser inneren Verkettung sich die innere organische Gliederung der Geschichte selbst entwickle und wie sie in dieser Gliederung in große natürliche Perioden zerfalle, die mit ihren wohlgeordneten, durcheinandergeschlungenen Kreisen die ganze Fülle der Ereignisse umschreiben.

Die Natur einer Einleitung bringt es zwar mit sich, daß der Inhalt nur im allgemeinen vor die Vorstellung gebracht werden soll und es darin noch nicht um das Begründen und Beweisen zu tun sein kann; aber daß es überhaupt nicht um ein solches für die Wissenschaft, wie sie in diesem Vortrage der Weltgeschichte verstanden wird, zu tun sein solle, würde man schon daraus abnehmen müssen, daß die Anschauung als das angegeben wird, was der Wissenschaft zum Unterschiede von der Tat der Geschichte eigentümlich sei. Nirgends ist in diesen Vorlesungen das Bedürfnis ausgedrückt, daß von dem, was der Herr Verfasser für die Wahrheit ausgibt, auch bewiesen werde, daß es Wahrheit sei, sowohl was die äußerlich-geschichtliche als die höhere substantielle betrifft.

Es scheint dem Herrn Verfasser völlig unbekannt, für ihn überhaupt nicht vorhanden zu sein, daß die Einsicht in die Notwendigkeit allein durch das Denken und Begreifen bewirkt, wie die Beglaubigung des Geschichtlichen nur auf historische Zeugnisse und deren kritische Würdigung gegründet werden kann, und daß solche Erkenntnis allein Wissenschaftlichkeit genannt wird. Selbst das Wort Gedanke erinnert sich Referent in der ganzen Schrift nicht gesehen zu haben, das Wort Begriff kommt S. 55 vor; aber nur von "beschränkten Begriffen" wird daselbst die Rede und unter der gewöhnlichen, abgedroschenen Umgebung von "engherziger Weise", "künstlichem Systeme", "Hineinzwängen der Mannigfaltigkeit in dieselbe" usf. Es wird sich an dem, was wir von der Abhandlung herauszuheben haben, ergeben, wie in der Anschauung, die der Herr Verfasser für seine Erkenntnisweise nimmt, die Abstraktionen und Kategorien einer gewöhnlichen Verstandesbildung durchlaufen [werden], ingleichen wie diese Anschauung verfährt, sich das geschichtliche Material zu verschaffen.

Die erste Vorlesung beginnt die Darlegung der Wahrheit, die der Weltgeschichte zugrunde liege, mit dem Gegensatze derselben gegen die Irrlehren; dieser wird durch die Parallelisierung mit der "zweifachen Anschauung" eingeführt, die "in dem Naturgebiete" gefunden werde: die eine, die den sinnlichen Schein zugrunde lege, nach welchem die Erde die eigentliche Mitte des ganzen Weltgebietes sei, die von der Tiefe aus über die Höhe gebiete, - die andere entgegengesetzte, welche die Sonne in die Mitte stellte und nach Erfindung der Keplerschen Gesetze und des Grundgesetzes der Schwere alle Ungleichheiten an diese Ordnung der Mitte leicht anknüpfe.
- Der Herr Verfasser nimmt keinen Anstand, die beliebte Fabel zu wiederholen, daß diese Weltanschauung durch das früheste Altertum hindurchgegangen sei und sich als ein zweifelhafter Schimmer, eine verblichene
Überlieferung in einigen Priesterschulen aufbewahrt habe; auch verschmäht er es dagegen nicht, für diese Vorstellung die populäre Reflexion über das "Unzulässige der ungeheuren Geschwindigkeit", die die tägliche Bewegung des Sternenhimmels voraussetzte, anzuführen. - Diesen Weltanschauungen werden zwei Grundanschauungen der Geschichte gegenübergestellt; die eine, welche das Natürliche für das Herrschende erkenne, - eine "durch das gesamte Altertum" (gleichfalls!) "durchgreifende Ansicht, die, mit allen Sinnen sich an den Naturschein heftend, die Erde und in ihr das Naturprinzip als das Gebietende im geistigen Reiche geehrt und das Göttliche in unterwürfiger Dienstbarkeit an die Allherrscherin geknüpft"; in dieser Ansicht seien es nur Naturmächte, die in Wahrheit die Geschichte wirken, und Menschen und Götter, obgleich diese dem Himmel angehören und auf dem Gipfel des Olympus ihren Sitz gewählt, seien doch in innerster Wurzel gleich erdenhaft und an die Natur verfallen und von ihrer Notwendigkeit unbedingt und blind beherrscht. - Es hat wohl Kirchenväter gegeben, welche die griechischen Götter, auf welche der Herr Verfasser hier näher anspielt, für Dämonen, teuflische Ausgeburten erklärt haben; aber wenn es wohl an dem ist, daß "der Berg Olympus seine Wurzeln in die Tiefe der Erde schlage und die Heimat dieser Götter mit der Heimat der anderen Erdgeborenen verbinden, so ist es zuviel, wenn aus dieser Anschauung entnommen wird, daß das Naturprinzip so einseitig, wie der Herr Verfasser annimmt, ohne Geistigkeit und geistige Freiheit das Wesen des griechischen Bewußtseins des Göttlichen ausmache. Über diesen Göttern schwebt allerdings das Verhängnis als eine geistlose Notwendigkeit; die griechische Religion ist nicht zum Letzten gedrungen, zur unendlichen konkreten Versöhnung des ewigen Geistes im endlichen mit sich selbst; aber schon jenes Schicksal ist nicht dasselbe, was Naturnotwendigkeit, die nur auf die Natur gestellt ist; sie ist ein Abstraktum anderer Art als das Naturprinzip: das Negative und nur erst Negative gegen die Endlichkeit, Zufälligkeit, in welcher dem Menschen das Bewußtsein der geistigen Freiheit verliehen war. Aber diese Freiheit macht sogar ausdrücklich gegen das bloß Natürliche, die Titanen der Zeit (Chronos), der Erde (Gäa), des Himmels (Uranos) usf., das Prinzip der griechischen Götter aus, und jene höher als sie gesetzte Notwendigkeit ist die Anerkennung der Beschränktheit, in welcher das Prinzip der Geistigkeit und Freiheit nur erst manifestiert ist. Man vermißt in jenem Auffassen die Grundanschauung des griechischen Geistes und seiner Götterwelt; Herr Görres ist nur in das Produkt der Reflexion über sie, in das Negative derselben, nämlich die Notwendigkeit, geraten und hat ferner dies Abstraktum unrichtig als Naturprinzip aufgefaßt. Solcher Mangel findet jedoch nicht bloß in Ansehung des ausgehobenen griechischen Lebens statt; der abstrakte Verstandesgegensatz von bloßer Naturmacht, an welche Götter und Menschen verfallen seien, die objektive Geschichte selbst wie die subjektive Ansicht derselben, gegen den Gott der sogleich anzuführenden anderen Anschauung der Geschichte ist zu oberflächlich für die konkrete Wirklichkeit der Geschichte und die Vernunfterkenntnis; wir werden weiterhin sehen, daß Herrn Görres' geschichtliche Anschauung wesentlich dem ferneren, zwar tieferen, aber gleichfalls noch abstrakten Verstandesgegensatze von Gut und Böse verfallen bleibt.

Die andere Anschauung der Geschichte wird als diejenige charakterisiert, welche allein der schöpferischen Gotteskraft die Würde und Bedeutung zugesteht, das Erste und Herrschende zu sein; diese Kraft handelt, ihres Tuns sich bewußt, selber frei, jede ethische Freiheit achtend; sie lenkt als ewige Vorsehung den Lauf der Begebenheiten, die willigen Freiheitskräfte leitend, die widerstrebenden ziehend und nur die geknechtete Natur im Zügel der Notwendigkeit haltend und sie an unbeugsame Gesetze bindend. "Unsere Geschichte", sagt der Verfasser, "bekennt sich ohne allen Zweifel zu dieser Lehre", und gewiß jede philosophische Weltgeschichte, wie überhaupt die christlich-religiöse Ansicht der gegenwärtigen und vergangenen Weltbegebenheiten. Dies Prinzip wäre für sich in seiner Allgemeinheit weder etwas Neues noch Eigentümliches; bei dieser Allgemeinheit desselben bleibt der religiöse Glaube stehen; aber eine Darstellung der Weltgeschichte hat dasselbe in seiner Entwicklung bestimmt aufzuzeigen, d. i. den Plan der Vorsehung zum Verständnis zu bringen; wie diesen Plan die dritte Vorlesung die denselben zum Gegenstande hat, auffaßt, haben wir nachher zu sehen. Zunächst gibt der Herr Verfasser von diesem Prinzip selbst das Geschichtliche an, daß, wie die zuerst genannte Anschauung der Geschichte bis nahe an den Ursprung der Dinge hinüberreiche, so sei diese andere dagegen aus einem höheren und besseren Zustande eines näheren und vertrauteren Verhältnisses mit der Gottheit hervorgegangen, habe sich durch priesterliche Überlieferung fortgepflanzt, von Zeit zu Zeit in gottbegeisterten Propheten sich erneut usf.; diese Lehre sei "im Heiligtume des erwählten Volkes zuerst verkündet worden"; in der Tat finden wir geschichtlich bei dem jüdischen Volke, freilich noch in sehr unbestimmter Weise, die Lehre von der göttlichen Weltregierung und Vorsehung. Aber das Fabelhafte jener Vorstellung spricht sich unumwunden in dem Folgenden aus nämlich "daß die äußersten Strahlen dieser Lehre im Heidentum mit uralten verblaßten Erinnerungen vereint unter der Hülle der Mysterien ihr Werk vollbracht und dann in jenem anderen Göttergeschlechte, das sich als eine Geburt des Lichts bekannt und erkannt habe, etwas, das wenigstens symbolisch die Wahrheit andeuten mochte, hervorgerufen haben".
Es konnte nicht anders erwartet werden, als daß Herr Görres auch in diesen Vorträgen eine Vorstellung zum Ausgangspunkt machen würde, die er mit Friedrich von Schlegel und anderen katholischen Schriftstellern, besonders mit modernen französischen, außer dem Abbé Lamennais, Baron Eckstein, auch [mit] Gelehrten, die mit der Kongregation zusammenhingen, teilt. Im Interesse der katholischen Religion, um ihr auch der
Existenz nach Allgemeinheit und Ursprünglichkeit zu vindizieren, wird die in den Menschen als Geist, als Ebenbild Gottes allerdings ursprünglich gelegte Vernunft so als ein vorhandener Zustand vorgestellt, daß in demselben vor der Anschauung des Menschen, der ebenso ethisch vollkommen gewesen, auch die Natur in allen ihren Tiefen und Gesetzen klar und offen gelegen habe; diese Fülle von Erkenntnis, unter anderem auch die Erkenntnis der erwähnten Keplerschen Gesetze, sei er durch die Schuld der Sünde verdammt worden, nun durch die mühselige Arbeit von Jahrtausenden wiederherzustellen, und habe solches zugleich nur vermocht, nachdem durch das Opfer des zweiten Menschen die Erlösung vom Bösen vollbracht worden, - wobei man unter anderem nicht einsieht, warum nicht mit dem Christentum dem Menschen unmittelbar auch jene Fülle der Erkenntnis und der Wissenschaften zurückgestellt worden ist. - Alles, was sich unter den Völkern von richtiger, höherer Gottes- sowie von Naturerkenntnis finde, seien Trümmer, die das Menschengeschlecht aus dem Schiffbruche, den es durch das in die Geisterwelt eingedrungene Böse erlitten, mannigfaltig durch die mannigfaltigen Schicksale modifiziert, gerettet habe. Was den geschichtlichen Nachweis von Spuren wissenschaftlicher Kenntnis von der Natur in den indischen, chinesischen usf. Traditionen betrifft, die man früher dafür angeführt hat, so hat solche Begründung jener Behauptung aufgegeben werden müssen, nachdem die unbestimmten Erzählungen der Leichtgläubigkeit und Ruhmredigkeit durch die erlangte Einsicht in die Originalwerke dieser Nationen verdrängt worden sind und die hohe Meinung von ihren wissenschaftlichen Kenntnissen sich als ungeschichtlich und unwahr erwiesen hat. Auf der andern Seite, nämlich in Ansehung der Erkenntnis Gottes, hat vornehmlich die lamaische und buddhistische Religion, da sie das Ausgezeichnete der ausdrücklichen Vorstellung eines Gottmenschen haben, das Interesse gelehrter Untersuchung teils bereits erworbener Schätze und des Aufsuchens dermalen noch unzugänglicher Quellen durch veranstaltete Reisen von neuem belebt, wodurch bereits die interessantesten Aufschlüsse über religiöse Vorstellungen und Philosopheme des hinteren Orients - z. B. auch über das Prinzip der Dreiheit in dem Absoluten - gewonnen worden und damit noch weitere versprochen sind; aber damit hat es noch weit hin zu dem geschichtlichen Zusammenhang, auf den die Behauptung ging; noch kahler sieht es aber mit dem apriorischen Zusammenhange aus, der aus oberflächlichen Ähnlichkeiten geschöpft wird.

Gegen die abstrakte Grundlage von Herrn Görres' Weltanschauung, daß (S. 16) in den Geistern wie in allem, was höher und tiefer sich rege und bewege, Gott als aller Bewegung Anfang, Mitte und Ende gelten müsse, [ist, wie schon bemerkt, nichts einzuwenden]; auch könnte man sich die Manier der Beschreibung, welche ebendaselbst vom Anfang gemacht wird, gefallen lassen, daß nämlich "Gottes Wort aus dem Innersten seiner Wesenheit gesprochen, ins Nichtsein ein sich selbst tragender Hall ausgetönt und im Halle sich in die Geisterwelt zugleich mit der ersten Materie ausgeschaffen hat und das Wort in den Geistern sich aus der Materie selber die Schrift gestaltet und gesetzt, in die es, die Seele in den Leib, eingekehrt, und die also gesetzte lebendige Schrift ins Buch der Natur sich eingeschrieben hat"; - ferner noch, was den Fortgang betrifft, daß der Anfang, durch Gottes Allmacht gegeben, dem alles Gute in der Geschichte, alles Böse aber ihr selber zugerechnet werden müsse, im Lichte und in der Reinheit stehe, die Mitte, von seiner Liebe getragen, in der Entzweiung und im Kampfe; das Ende aber in der Schiednis durch die Gerechtigkeit wieder zur Verklärung gelange. - Allein, wenn nun jener Anfang nicht bloß im Sinne des göttlichen Ansichseins, sondern eines geschichtlichen Zustands genommen, wenn solche Meinung für die "uralte, historische, priesterliche Grundanschauung" (S. 17) ausgegeben wird, so charakterisiert sich darin die durch das Ganze durchgehende Eigentümlichkeit des Herrn Verfassers, die Assertion von seinem Anschauen ebensosehr über die historische Autorität für das Material als über den Begriff, der denkend die göttliche Notwendigkeit in der Geschichte erkennt, zu stellen.

Nirgends findet sich in diesen Vorlesungen die Erwähnung der Aufgabe, dem Gange der göttlichen Vorsicht, indem derselbe in der Betrachtung der Weltgeschichte zugrunde gelegt wird, mit denkender Vernunft zu folgen. Herr Görres zeigt sich mit keiner anderen Verfahrungsweise außer der Partikularität seines Anschauens bekannt. So ist es die endliche Verstandesansicht allein, die er noch kennt und die er in der einseitigen abstrakten Gestalt, in der er sie auffaßt, noch in der ersten Vorlesung, dem Gehalte nach mit richtiger Würdigung, aber nicht ohne fratzenhafte Bildnerei schildert: jener eisgraue Alte, der Dämogorgon der griechischen (?) Sage, der geschäftig arbeitend im Mittelpunkte der Erde sitze, - das Christentum habe ihn zur Ruhe gewiesen, er aber rege sich aufs neue im tiefen Naturgrund aller Dinge, auch des Menschen, suche aufs neue die höheren Freiheitskräfte als Fürst der Welt durch alle tellurischen Kräfte zu beherrschen, da habe der Zwergkönig Alberich der Heldensage seine Pucksen, Gnomen und Kobolde durch alle Adern der Erde ausgesendet, daß sie als kundige Schmiede das Metall ausschmieden, daß des Goldes Glanz und Silbers Schein das Licht der Sonne überstrahle usf., die Salamander seien ausgesendet usf. Der Fluch nun solchen Treibens, die Verdammnis dieser Zeit, in der die gesellschaftliche Verbindung, ausgehend von dem Grunde eines törichten Selbstbelügens, sich zu einem frechen gegenseitigen Belügen ausgestaltet, soll von der Jugend abgewendet werden; - vorher hatte er diese Richtung auch "die Rückkehr des alten Heidentums" genannt, "in einer Zeit, die nach der Weltordnung ganz dem Christentume und seiner Weltansicht angehören sollte". Herr Görres erzeigt der Weltordnung, die nach der von ihm zum festen Grunde gelegten Ansicht wesentlich von der göttlichen Vorsehung geleitet worden, sowie dem Christentum und dessen Weltansicht wenig Ehre, schenkt derselben wenig wahrhaften Glauben und Vertrauen, wenn er ihr nur zugesteht, daß die Zeit ihr angehören sollte, daß diese Weltordnung aber so wenig Kraft und Macht habe, daß diese Zeit dem Heidentume verfallen, die ganze gesellschaftliche Verbindung sich zu einem frechen gegenseitigen Belügen ausgestaltet habe, usf. Der gründliche Glaube an sein Prinzip hätte den Herrn Verfasser vielmehr darauf leiten müssen, zuallererst in solcher Ansicht der Zeit, die ihm nur die Anschauung von Lüge, Nichtigkeit, Frevel, Heidentum usf. gibt, Zweifel zu setzen - Zweifel, welche sogleich aus der einfachen Betrachtung entstehen, daß diese Ansicht als Anschauung ein subjektives Vorstellen ist und bei der Verschmähung der Begriffe und der Wissenschaftlichkeit doch an dem Prinzip ihren Maßstab haben muß, mit diesem aber in dem ganz ungeheuren Widerspruche steht, welcher ohne Auflösung gelassen ist. Der gründliche Glaube hätte dann dem Herrn Verfasser das Vertrauen geschenkt, daß, wenn er, statt dem bequemen Anschauen sich zu überlassen, die Mühe des Studiums, des Gedankens und der Einsicht sich geben würde, solche Bemühung ihm die belohnendere Erkenntnis und Überzeugung von der Macht und Wirklichkeit der göttlichen Vorsehung auch in dieser Welt und in dieser Zeit gewähren müsse. Was an solchen viele Seiten fortgehenden Schildereien und Deklamationen des Herrn Görres auffällt, ist nur die trockene Verstandesabstraktion des Bösen, die zugrunde liegt und damit ausstaffiert ist, und daß sie ganz frostig bleiben, weil sie ohne weitere Fülle und Reichtum eines Gehalts sind.

In der zweiten Vorlesung, S. 30, soll das Verhältnis des göttlichen Prinzips zu dem natürlichen, ihre Verkettung in Über- und Unterordnung, ihre Formen und Momente, die Gesetze ihrer Wirksamkeit, endlich die Art und Weise, wie die Gesetze an uns gelangen, aufgestellt werden. Hier somit wird uns Hoffnung gemacht, daß wir zu einem Inhalte gelangen sollen; in der Tat aber kommt die Vorlesung gleichfalls nicht über das Formelle hinaus. Es ist eine sehr gute Schilderung, die Herr Görres S. 33 "von der göttlichen Mechanik in der Natur und von dem in den Himmel und die Erde hineingelegten harmonisch ordnenden Gesetze des Gleichgewichts" macht, das wie eine herrschende urbildliche Idee durch alle ihre Bewegungen durchgreife usf., auf welche Unterlage dann eine höhere Geschichte, die der freien Natur, gebaut werden soll. Den Erbauern dieses Reichs habe der Meister mit den nötigen Kräften ein gleiches, harmonisch ordnendes Gesetz des Gleichgewichts innerlich angeschaffen, das auch äußerlich all ihr Tun mit aller Macht einer herrschenden urbildlichen Idee durchgreifen soll, an der alle ethischen Ungleichheiten sich ausgleichen und ausschwanken müssen; die Idee, ausgegangen aus der Fülle des Guten, die Gott in sich schließt, will in der Geschichte nur einen Abglanz dieses Guten ausgestalten und einen äußeren Nachklang seiner inneren Harmonie hervorrufen. - Referent kann nicht anders, als dieser großartigen Anschauung, wenn Herr Görres will, beistimmen und sich erfreuen, sie hier so wahr ausgesprochen und anerkannt zu finden; um so mehr ist aber zu bedauern, nicht nur, daß es bei dieser allgemeinen Wahrheit bleibt, sondern daß die Ausführung, auf welche es dann ankäme, um die äußerlich-reelle Bewährung zu geben, derselben vielmehr den größten Eintrag tut. - Es heißt sogleich weiter, daß jene "Verwirklichung der Idee Gottes den geistigen Naturen ungesonnen und ihnen in den Bewegungen der Himmelskörper ein Musterbild hingestellt, dem sie nur nachbilden dürfen"; damit wäre den geistigen Naturen, vollends wenn sie die Kenntnis der schon erwähnten Keplerschen Gesetze immer bereits besessen hätten, die Sache leicht gemacht.

Noch leichter hat sich aber der Herr Verfasser die Explikation gemacht, die nun auf das Bestimmtere, nämlich das Verhältnis des göttlichen Willens zur menschlichen Freiheit zugehen soll, indem er dabei an dem trockenen Gegensatz vom Guten und Bösen festhält und über den Hauptpunkt bei Katechismusvorstellungen stehenbleibt, nämlich darüber, daß Gott die Geschichte in ewiger Gegenwart schaue und, wie er sie schaut, sie vollbringen müsse, aber daß er sie schaue, wie sie durch die Mitwirkung freier Geister sich vollbringt. - Wenn es vorher für gut gesagt gelten kann, "daß Gott jene Verwirklichung lieber als eine freie Gabe aus der Hand der freien Kreatur und als eine Bezeugung ihrer Liebe und Dankbarkeit hinnehmen" wolle, so ist es zunächst ungeeignet, darein zu mischen, daß er dies durch Zwangsbefehl hätte eintreiben können; - von dem Leeren solcher Möglichkeit mußte nicht mehr die Rede sein. Für das Verhältnis aber von Gottes Walten zum Handeln der Menschen beläßt es der Herr Verfasser bei Allgemeinheiten wie den folgenden: Jenes von Gott vorausgeschaute Handeln der Freien bestimme sein Schauen, welches dann erst hinterher das in Handlung hervorgegangene Vorschauen also bestimme, daß, indem (?) Gottes Wille zum Vollzuge gelangt, alles zum Guten ausschlage in der Geschichte, - wobei die Gewalt der höheren göttlichen Macht als eine übermannende Notwendigkeit dem Mißbrauch der freien Kür entgegentrete und ihre ewige Ordnung gegen die Unordnung, die jene in sie gebracht, verteidige usf., der Herr aber dem Willigen, der mit überlegter Einsicht frei den besseren Teil gewählt, Helfer sei und aus eigener Fülle seine Leistungen ergänze usf. - Für so richtig und selbst für gehaltvoll man diese Vorstellungen und die weiteren ähnlichen Erläuterungen auch gelten lassen mag, ob sie gleich mehr eine scholastische Verstandesansicht nachsprechen, als daß sie einer Vernunfteinsicht entnommen sind, so sehr sind sie formell gegen den Inhalt, nach welchem bei einem konkreten Gegenstande, wie die Weltgeschichte ist, gefragt wird. Der Kindergeist wird zuerst in elementarische Bestimmungen, weil sie als die abstraktesten die noch einfachsten und leichtesten sind, eingeführt; gleichfalls kehrt auch der gebildete Religiöse immer zu denselben zurück; aber jener hat erst in der Erfahrung der Welt und seines eigenen Gemüts näher zu erlernen, was denn gut und böse, was denn Ordnung und Unordnung ist; dieser kehrt zu denselben gleichfalls als zu Abbreviaturen und abstrakten Zeichen des reichen Inhalts zurück, dessen Bewußtsein er sich im Leben, Geschichte, Studium usf. erworben hat. In dem abstrakten Innern des Gewissens, in der Religion, vor Gott laufen die konkreten Unterschiede in den einfachen von Gut und Böse, Ordnung und Unordnung etwa zusammen; aber wo es um die selbst explizite Erkenntnis eines expliziten - und der expliziteste ist die Weltgeschichte - Gegenstandes zu tun ist, da reichen diese Abstraktionen nicht aus. Ein besonnener Mensch wird es schwerlich vermögen, über ein Individuum das Urteil zu fällen, daß dasselbe gut oder daß es böse sei; aber vollends die individuellen Gestaltungen der Völker und deren im Verlauf der Weltgeschichte hervorgegangenen, in sich so reichen Zustände und Taten dieser Gestaltungen nur unter bloße Kategorien jener Art zu fassen, kontrastiert sogleich zu sehr mit der Fülle der Aufgabe, als daß nicht selbst ein nur oberflächliches Interesse sich unbefriedigt fühlen sollte.

Der Verfolg (S. 41) scheint zunächst einen Inhalt näherbringen zu wollen. Nachdem von den drei Reichen - dem Reiche Gottes, der mit Notwendigkeit gemischten Freiheit und der Natur -, die sich in der Weltgeschichte durchdringen, angegeben ist, daß sie auf drei Gesetzen beruhen, einem in den Tiefen verborgenen (?), einem in den menschlichen Geist gelegten, einem in die Materie eingetragenen, so soll der Mensch das erste Reich mit Gott wirken in der geistigen Welt, wozu derselbe mit Freiheit ausgestattet worden; die Übung dieser Freiheit aber sei an die Einsicht in die Wege der Vorsehung und an die Kenntnis der gottgegründeten Gesetze, in denen jenes Reich gewirkt werden soll, geknüpft. Nun scheine es, müßte das dem Menschen von Gott eingeschriebene Gesetz hinreichend sein, die zwei anderen Gesetze zu deuten und sie zur Richtschnur seiner Handlungsweise zu machen. - Über dieses Scheinen folgt aber der populäre Übergang, daß, wenn Gott dem Menschen diese Einsicht nicht verliehen habe (welch ein Wenn!! der Herr Verfasser macht es sich leicht, dergleichen Sätze einzuführen!) oder wenn der damit Ausgestattete unvorsichtig die verliehene Gabe verscherzt habe (es wäre etwas mehr als solche Wendung vonnöten gewesen, um ein Verhältnis dieser Fälle mit dem früheren Einschreiben des göttlichen Gesetzes und seiner Grammatik in die Menschenbrust und in die Natur anzudeuten), so müsse Gott, solle ferner noch von einer in menschlicher Mitwirkung ausgewirkten höheren Geschichte die Rede sein, ihn einer höheren Belehrung würdigen, ihm als Lehrer jenes göttliche Gesetz durch Offenbarung mitteilen.

Auf diese vage und äußerliche Weise, die uns nur auf den ganz gewöhnlichen, trockenen Schulboden versetzt, wird die Offenbarung als Bibel eingeführt (S. 43) und ihre Bestimmung zunächst dahin angegeben, daß in ihr das Gesetz, welches Gott in aller Geschichte realisiert haben wolle, kundgetan sei; so daß das Gesetz der drei Reiche in die drei Bibeln, der Bibel der Natur, der Bibel des Geistes und der Bibel der Geschichte eingeschrieben, die beiden ersten aber der dritten untergeordnet seien.

Nun aber erhebe sich ein Widereinanderreden vieler Stimmen, der vielen Völkerschaften; kaum eine habe Anstand genommen, sich selber zum allgemeinen Schwerpunkt der Geschichte aufzuwerfen, und jede reiche Bücher dar, von denen viele Zeugen aus einem Munde beteuern, sie seien ihnen, den Gottbegünstigten, vorzugsweise vor allen anderen mitgeteilt. - Es werden also die Kriterien angegeben, um zu erkennen, in welchem unter den heiligen Büchern aller Völker, vorausgesetzt, daß in diese auch Wahrheit eingegangen, die lautere Quelle der Wahrheit fliege und wem der Vorrang gebühre. Diese Kriterien sind, um sie kurz anzuführen, schlichte, prunklose Einfalt, welche die von keiner Betrachtung zu erschöpfende Fülle wie Gott selbst in Unsichtbarkeit verbirgt und das Verborgene doch wieder allen Suchenden offen und neidlos hinlegt (wir werden bei der dritten Vorlesung sehen, was dem Suchen des Herrn Verfassers sich offen dargelegt hat, aber wohl anderen Suchenden in Unsichtbarkeit verborgen geblieben ist und auch nach des Herrn Verfassers Aufdecken wohl bleiben wird); zweitens der volle Einklang der menschlichen Wissenschaft - wobei abermals die Schilderei des einen Grundgedankens von der in die Natur und in den Geist eingeschriebenen Grammatik der göttlichen Sprache, welche die schaffende Gottheit ins Nichts hineingeredet, wiederkehrt - mit der Schrift, die sich wechselweise durch einander bewähren (S. 48), jedoch also, daß dem Göttlichen der Vorrang gebührt und das Menschliche vor der Zulassung sich zuvor über seine unzweifelhafte Gültigkeit ausweisen müsse. - Man kann dies als richtig zugeben, aber es erhellt ebenso, daß mit solchen allgemeinen Worten im geringsten nichts für ein Kriterium geleistet ist. Zur Bekräftigung der Leerheit solchen Kanons fügt der Herr Verfasser sogleich hinzu, daß das Menschliche seiner Natur nach der Fehle unterworfen, jene Bücher oft schwer verständlich seien, in ihrer Deutung sich vielfältig die Meinungen teilen (freilich! leider!) usf. Dafür wird ein drittes Kennzeichen "höchster Würde heiliger Bücher" hinzugesetzt, daß "sie das schöne Ebenmaß und die ruhige Sicherheit herrschender und umschreibender Einheit wirklich in sich tragen". - Es ist gleichfalls in der dritten Vorlesung, wo sich die Sicherheit des Herrn Verfassers, in den Büchern der Hebräer, die nach der geschichtlichen Seite als ein beschränktes Nationalbuch erscheinen können, die für die Weltgeschichte umschreibende Einheit zu finden, kundgibt.
- Den
Schriften der Hebräer nämlich habe nun der bessere Teil des Geschlechts seit Jahrtausenden den Vorrang und den Standpunkt in der herrschenden Mitte einstimmig zuerkannt usf.; man findet hier in den vagen Allgemeinheiten und dem Tone der Sicherheit vollständig den Stil des Abbé Lamennais und anderer älterer und neuerer Häupter der Kirche.
Es spielt an einen besseren Gedanken an, was der Herr Verfasser dabei sagt, was aber noch weiterer Bestimmungen bedürfte, um mehr als etwas Triviales zu sein, daß, so oft eine neue erweiterte Standlinie für die Aufschauenden gewonnen sei,
aller Blicke sich aufs neue nach solcher Urkunde richten, ob ihr Gesetz noch unversehrt aufbewahrt, ob ihr Verborgenes sich dem forschenden Blick auf dem neuen Standpunkt nicht tiefer aufgeschlossen usf. - Die Exegese hängt freilich von dem Geist der Zeit ab; aber Luther hat der Geist getrieben, seine und seines Volkes Blicke auf die so lange verborgen gehaltene Bibel überhaupt zu richten; doch nicht alle haben den Segen dieser Richtung aufgenommen. Wenn aber, wie der Herr Verfasser versichert, dies alle tun und er sich denselben angeschlossen habe, so vindiziert er sich dagegen als eigentümlich, was in seinen Worten anzuführen ist (S. 52), daß er, indem er die Aufgabe, wie er wohl sagen dürfe, in einer Allgemeinheit und bis ins Einzelne vordringenden Besonderheit aufgefaßt, wie man es teilweise aus verschiedenen Gesichtspunkten zwar versucht, aber in gleichem Umfange nie vollführt, so sei es ihm, wie er wohl glauben dürfe, schon einmal (!) gelungen, einerseits den Strom der in diesen Büchern enthaltenen Wahrheit reinigend, lästernd, deutend, erklärend und zugleich erfrischend in die Anschauung der Weltgeschichte hineinzuleiten und andererseits diese Geschichte in allen ihren Richtungen als die faktische Gewähr und die dem Geiste unabweisliche Bürgschaft für diese Wahrheit darzustellen. - Wie der Herr Verfasser die Reinigung, Läuterung, Deutung, Erklärung jener Bücher vorgenommen, daß sie in die Weltgeschichte eingeflossen, und wie die faktische Bewährung, die er solcher Hineinleitung verschafft, beschaffen ist, werden wir nachher angeben. Aus der zweiten Vorlesung ist in dieser Rücksicht noch anzuführen, daß S. 55 ausdrücklich protestiert wird, daß nicht die Rede sein könne, der Mannigfaltigkeit irdischer Ausgestaltung irgend Gewalt anzutun, sie durch willkürliches Wegnehmen und Hinzusetzen in die Umrisse eines künstlichen Systems hineinzuzwängen usf., durch überkünstliche Deutung Fehlendes hinein-, Unbequemes herauszudeuten usf., den vollen Erguß des Lebens aus feiger Ängstlichkeit zu scheuen.

Noch aber fängt in dieser Vorlesung der Herr Verfasser an, der Sache selbst näherzutreten; es werden die Hauptmomente der Geschichte angegeben, - "als drei aller natürlichen Geschichte, die in einem vierten sich der höheren anschließt, die sie beherrscht" (ist nicht grammatisch klar). Auf diese Angabe folgt unmittelbar ein Denn: "Denn dies ist die Parallelisierung des Lebens des Geschlechts mit dem des einzelnen Menschen, so daß jenes sich in denselben Stadien verlaufe als dieses!"
Man kann geneigt sein, diese Parallelisierung aufzunehmen und gelten zu lassen. Aber schon "das Schema", die Angabe der
Stadien des Lebens des Einzelnen, ist nicht ganz deutlich. Als das erste Stadium wird das natürliche Dasein angegeben, das den Menschen zuerst aufgenommen habe, die Jugend; die andere Stufe ist die der Tätigkeit der dem Menschen einwohnenden lebendigen Kräfte und begreift die Verhältnisse, in die er zur Familie, zum Stamme, zu seinem Volke eingetreten.
Das dritte
Gebiet ist das der in ihn gelegten moralischen, ethischen Kräfte, das letzte das religiöse Element. Wenn zwar der Ausdruck von Lebensaltern vermieden ist, so wurde man doch auf diese Vorstellung gelenkt. Anfangs ist von dem Lebensverlauf des Einzelnen in Stadien nach der Naturordnung die Rede, ingleichen wird das erste die Jugend genannt, die folgenden heißen jedoch nicht mehr Stadien, sondern Gebiete, und werden auch nicht etwa als Gebiete des Jünglings des Mannes und Greises aufgeführt; es würde freilich auffallend gewesen sein, erst in das letzte Alter das religiöse Element zu legen.
Damit ist aber zugleich die angekündigte Parallelisierung hinweggefallen; wir erhalten nur die Angabe der unterschiedenen Hauptmomente des menschlichen Lebens, bei denen es etwas Leeres war, mit dem einzelnen Menschen anzufangen und auf ihn sich zu berufen, daß, wenn er sein Leben betrachte, er solche darin werde gefunden haben. - Platon, an dessen Gang in der
Republik man sich erinnern könnte, geht umgekehrt sogleich zur Betrachtung der Gerechtigkeit im Staate über und von da aus erst zur Ausprägung derselben Grundbestimmungen im Einzelnen, aber auch wieder so, daß hier nicht eine bloße Wiederholung derselben stattfindet, sondern daß er sie, wie sie im Individuum eigentümlich sich hervortun, richtig als die Tugenden auffaßt und beschreibt.

Was sich nun am Einzelnen ausgewiesen, werde auch in der Universalgeschichte Geltung haben. Denn der Stammvater des Geschlechts ist selber eine einzelne Persönlichkeit gewesen, die daher Grund und Anfang aller Geschichte ist; - ein schwacher Zusammenhang, daß hiermit die Stadien, die vorhin an der einzelnen Person aufgewiesen worden, auch die Stadien der Universalgeschichte seien. Das sich mehrende, auf die ganze Erde ausbreitende Geschlecht, wird fortgefahren, hat die klimatisch, geologisch und geographisch geschiedene Gliederung derselben in sich ausgeprägt, - erstes und unterstes, am meisten naturverwandtes Element; das zweite ist das ethnographische - Teilung in Rassen und Völker und Stämme und Geschlechter mit eigener Lebensrichtung, eigenem Instinkt, Anlagen usf.; - man sieht dabei nicht gut, wie das geographische Element, das wohl für sich beschrieben werden mag, nun aber auf die Menschen bezogen und in denselben ausgeprägt, nichts als ein Moment nur des ethnographischen sein und wie es, von diesem getrennt, ein besonderes menschliches Element abgeben sollte.
Als das dritte Moment wird das
ethisch-politische im Gebiete des Rechtsstaates angegeben; das vierte, indem jedes Volk auf seinem Erbe und Lose an der Oberfläche der Erde den Teil des Wortes, der ihm zugefallen, verarbeitet, mehr oder weniger mit menschlicher Zutat ihn versetzend (wenn ihm nur ein Teil zugefallen, wäre das Wort in ihm schon endlich genug, und die sogenannte menschliche Zutat bereits ganz in der Endlichkeit, daß ihm nur ein Teil zugefallen, befaßt), ist das kirchliche Element.

Die Einfachheit dieser Momente war schon durch jene Parallelisierung unnötig verdoppelt, in der zweiten Angabe ist sie weniger durch Gedanken entwickelt als mit leeren und trockenen Redensarten umgeben. Hier, wo die allgemeine Einteilung die Angabe bestimmter Unterschiede verlangt, ist es am unangenehmsten, Ausführungen vorzufinden wie z. B. folgende (S. 62) beim ethisch-politischen Elemente: "indem sich die innerliche Einheit der geistig-ethischen Kräfte im Verlaufe der Geschichte aufgetan und ihren reichen Inhalt in vielfach ausgelegten Richtungen ausgelegt hat"; nun heißt es noch ferner: "Im Spiele dieser Kräfte hat eine neue, höhere Dynamik sich begründet, die Elemente des Lebens, ergriffen von jener Beseelung, sind in -? andere Verhältnisse gegeneinander eingetreten, in einer -? gesteigerten Scheidekunst mischen sie sich und trennen sich nach -? geändertem Gesetze; und Gebilde, die einer -? andern Ordnung der Dinge angehören, gestalten sich" (zu was?) "in ihrem Verkehre." So läßt sich ohne Gehalt lange fortsprechen.

Vornehmlich ist es in der dritten Vorlesung, daß solcher Reflexionsformalismus mit dem gleich leeren phantastischen Schall und Schwall, wovon früher Bespiele angeführt worden, abwechselnd das Ihrige zu dem Tädiösen ihres Inhalts hinzutun.
Die glänzende Verworrenheit in dem grundlosen abstrakten Formalismus macht es schwer, noch von dieser Vorlesung (S. 66-122) Rechenschaft zu geben, in welcher nun "der Grund- und Aufriß des großen Gebäudes der Weltgeschichte" selbst aufgestellt, "das Werk. das wir zu vollführen unternommen, zu seiner Vollendung gebracht werden soll". Wie der Verlauf der Weltzeiten zuerst nacheinander angegeben ist, dem läßt sich etwa folgen, aber wo nun (S. 111) der Überblick des ganzen Periodenbaus jener
Anschauung gewährt werden soll, da wird der Kalkül (denn die Grundkategorie ist Zahlenschematismus) zu transzendent, um zur Bemühung um dessen Entwirrung einzuladen. Es wird S. 67 ff. [gesprochen] von der "zeit- und richtungslosen Ewigkeit, in der die Selbstoffenbarung der Gottheit" (dieses Ausdrucks bedient sich der Herr Verfasser oft) "vor dem ersten Anbeginn der Dinge schon erfolgte (S. 72); die Metaphysik oder vielmehr Rhetorik dieser Ewigkeit übergehen wir. "So hat sich an diese erste Tat, die über aller Geschichte liegt, die zweite angeknüpft, in der die schaffend gewordene Gottheit das Weltall hervorgebracht, in Zeiten und Tage die Schöpfungszeit teilend." Dieser Zeiten sind sechs, in denen "die geistige und natürliche Welt in allen ihren Hierarchien hervorgebracht worden", - in drei Scheidungen und drei Einigungen: "Die erste Scheidung, die von innen nach außen gegangen, hat Licht und Finsternis getrennt, damit die erste Hierarchie ins Universum eingeführt"; so geht es durch die sechs Schöpfungsmomente der mosaischen Darstellung hindurch. Wie aber diese Sukzession der Schöpfungen als Scheidungen und Einigungen, je drei und drei, und deren Hierarchien vom Herrn Verfasser noch sonst zusammen - konstruiert, wie man es sonst genannt - oder in Anschauungen von Verknüpfungen und Gegensätzen gebracht werden, enthalten wir uns auseinanderzusetzen.

Nur dies Eigentümliche wollen wir herausheben, daß der Herr Verfasser aus dem Seinigen (der Protestation gegen willkürliche Erfindungen ungeachtet) hier auch dies hinzufügt, daß "an die letzte der drei ersten Scheidungen (die Erschaffung der Sonne und der Gestirne) sich eine andere, vierte angeknüpft, in der die geistigen Elemente wie die Naturelemente sich geschieden" und welche ebenfalls drei Scheidungen in sich gehabt haben soll; die Auseinandersetzung dieser drei Scheidungen gibt eine des Feuers von dem Elemente des Wassers, eine andere des Anwachsens der Gebirge über das Trockene und eine dritte, der Ausklärung der Luft, der Aufleuchtung in Meteoren usf.; - wobei dem Referenten unter anderem dies unklar geblieben ist, wie darin über eine Scheidung der geistigen Elemente etwas besagt sein soll, obgleich es auch unmittelbar hernach wieder heißt, daß "das alles gleicherweise auf der Natur- wie auf der geistigen Seite sich vollbracht" habe; was auf der letzteren vollbracht worden, hat dem Herrn Verfasser beliebt, in sich verborgen zu behalten.

Das ist nun die "erste historische (!?) Periode, die in ihren sechs Zeiten abgelaufen ist". "In ihr hat Gott allein gewirkt und gewaltet, und alles, was er hervorgebracht, ist gut gewesen." Nun aber, "in der zweiten Weltzeit beginnt von der geistigen Natur aus die Genesis des Bösen", die wie die Ausschaffung des Guten durch die ersten Weltzeiten in den höheren Regionen (siehe vorher) begonnen, so durch die des Bösen in den dortigen höheren Geistern [geschehen sei]; und ebenfalls ist, nach der Versicherung des Herrn Verfassers, "in drei absteigenden und drei anderen frech ansteigenden Akten der Sündenfall in das höhere Geisterreich eingetreten und hat sich auch in das aus Geist und Natur gemischte Reich unten an der Erde verbreitet".

Mit dieser Vollendung der Genesis des Bösen in ihren sechs Momenten", über deren historischen Verlauf wir freilich keinen weiteren Aufschluß erhalten, ist "die zweite große Weltzeit abgelaufen". Hierauf folgt "die dritte Weltzeit, von dem Sündenfall bis zur Weltflut, der Kampf auf Leben und Tod zwischen dem Reiche des Guten und des Bösen, den das Gericht der Weltflut" (ein freilich einfaches Mittel) "zu Ende bringt". Für diese Weltzeit weiß uns der Herr Verfasser (S. 83 f.) vielen Bescheid darüber zu geben, was die Habeliten und die Sethiten und Kainiten gleichfalls in sechs Momenten getan haben würden, wenn kein Sündenfall eingetreten und, wieder im entgegengesetzten Fall, wenn der Fluch der Sünde allein geherrscht hätte; aber ferner auch wie jener Kampf in drei Zeiten zwischen der Gottesstadt, welche die Habeliten, und der Erdenstadt, welche die Kainiten erbauten, geführt worden, wobei die Töchter der Menschen und die Nephilim ihre weltgeschichtliche Rolle zu spielen nicht unterlassen. "Mit der Flut ist die Urgeschichte abgelaufen"; hätte es der Herr Verfasser dabei bewenden lassen, daß das Historische derselben mit den Habeliten, Sethiten und Kainiten für uns ebenso als die Wasser der Flut abgelaufen sind, so hätte er sowohl daran besser getan als auch daran, wenn er es bei der Darstellung der Bibel, die von sechs Schöpfungstagen spricht, dagegen nichts von sechs Weltzeiten, die wieder von der Weltflut an bis auf die Erscheinung Christi vollendet worden, auch nichts von weiteren sechs von da ausgehenden Weltzeiten berichtet, hätte belassen wollen.

Doch zunächst wird die neue Weltzeit (S. 87) in drei engere Zeiten (diese drei Weltzeiten sind hauptsächlich im Auge zu behalten, um nicht in der folgenden Rechnung konfus zu werden) gegliedert; in der ersten wird "der Keim eines neuen Menschengeschlechts, der, in der Arche geborgen, in den Fluten die sühnende Taufe erlangte (wohl eine große Wassertaufe, der aber vom Herrn Verfasser nicht viel Geist hinzugefügt worden), in allen Gegensätzen sich entfalten, in der mittleren die heilkräftige Einwirkung der Gottheit zur Offenbarung gelangen und die Verheißung sich erfüllen, in der dritten in der versöhnten Menschheit der Kampf mit dem Bösen sich zum Ziel ausstreiten. - Es wird nun angegeben, wie die erste Weltzeit in der Folge von sechs Zeiten abgelaufen, "nach dem in sie gelegten Typus der früheren Genesis". Nach solcher leeren Grundlage eines Schema wird die Geschichte dieser ersten Weltzeit der neuen Zeit wieder aus drei Wurzeln, dem Sem, Japhet und Cham, durch die drei ersten Zeiten dieser Häuser, des Nimrod, des Unterfangens, in dem Turm das Kapitol des neuen Erdenstaats zu bauen usf., durchgeführt. "Die vierte Zeit geht, im Kampfe der erhaltenden Kräfte an die geweihte Stätte der Kinder Gottes (des Geschlechts Hebers) geknüpft, mit den zerstörenden, die in den Kindern der Menschen wirken, dahin, und nun erfolgt über die ganze Erde hin vom Norden her im Stamme der Japhetiten die Gegenwirkung, welche die beiden folgenden Weltzeiten erfüllt." Auch sind es die Japhetiten, durch welche die Universalmonarchien mit neuer Lehre dritter Ordnung im Zeusdienst gegründet seien. Die fünfte wird nämlich durch baktrisch-medisch-persische Weltherrschaft, seit den Zeiten Feriduns von Iran aus die Völker umfassend" (daß Feridun nicht fehlen würde, konnte man aus des Herrn Verfassers Einleitung zu seiner Übersetzung des Schah-nahme wohl erwarten), "erfüllt und die Gewalt dadurch dem östlichen Weltteile zugeteilt. Bald aber geht die Herrschaft nach Europa über, und die sechste Weltzeit grüßt die Griechen als die Gebieter der Erde, denen die Römer den Herrscherstab entwinden." Diese Zeile ist alles, was vom Geiste der griechischen und römischen Welt gesagt wird. Wenn der Herr Verfasser den Habeliten, Semiten, Japhetiten und solchen Häusern die große Bedeutung in der Weltgeschichte erteilt, so kann man sich nur über die kahle Kategorie von Herrschaft, die durch die Griechen auf Europa gebracht und ihnen von den Römern entwunden werde, wundern, womit diese reichen, hochherrlichen Wirklichkeiten von Völkergeistern gegen jene nebulosen Schemen abgefertigt werden; doch ist schon oben bemerkt worden, daß der Herr Verfasser griechische Mythologie die trübe, späte, unbedeutende Ausgeburt nennt, in welcher ein Dämogorgon vorkommt. 

Die zweite Weltzeit ist die des neuen Sabbats, des anderen Adam, des Stammvaters eines neuen geistigen Geschlechts; über der begeisterten Rhetorik, in der die Vorstellungen vorgetragen sind, scheint der Herr Verfasser nicht dazu gekommen zu sein, die sechs Zeiten des Schemas für diese Weltzeit anzugeben.

Von da geht nun die dritte Weltzeit aus, von welcher der wesentliche Charakter wie in der, die nach dem Falle begonnen, sich kundgebe im Kampfe des Lebens, das aufs neue in der Menschheit Wurzel gefaßt, mit dem Tode, der aus der früheren Zeit noch hinüberwirkt. Von der Ausbreitung des Christentums aus wurde zwischen ihm und dem Mohammedanismus die neue Geschichte in Licht und Nacht geteilt, und es war Abend und Morgen der erste Tag in ihr, - von den sechs Tagen. Es mag vom Ferneren nur noch bemerkt werden, daß von der Reformation an nun erst der dritte Tag begonnen haben soll, in dem wir noch leben; wir enthalten uns aber, hierüber ein weiteres Detail aus der Darstellung zu geben; sie hat allenthalben denselben schwallenden Ton des überladenen Farbenglanzes bei der Trockenheit der Gedanken und der Zahlenspielerei. Man mag die Auseinandersetzung S. 111 nachlesen, wie aus der gedoppelten Dreizahl in die der ganze Verlauf der Weltgeschichte eingeschlossen sei, sich die Siebenzahl gewinne und die vier großen Umläufe vierundzwanzig Zeitläufe in sich begreifen, [wie] aber, wenn wir das große Schauspiel am Schlusse, wovon es doch schien, daß wir erst einen Teil erlebt haben, wieder in sich zerfällen, in sechsunddreißig große Zeitabteilungen der ganze Zeitverlauf der Geschichte umschrieben sei. Das Zählen macht die äußerlichste Seite der Betrachtensweise aus; die grundlose Willkür, in der es hier sogar zum Prinzip gemacht wird, kann nur Ungeduld und Überdruß erwecken. Wie vorhin ein Beispiel von der Rhetorik der Reflexion ohne Gehalt gegeben worden, so mischt sie sich auch in diesem Teile, in welchem das Bestimmtere der geschichtlichen Gestaltungen und ihres Verlaufs angegeben werden soll, allenthalben ein, und man wird dabei zu sehr an den älteren Stil französischen weltgeschichtlichen Vortrags in deklamatorischen Allgemeinheiten, als ein weiteres Ingrediens zu den übrigen, gemahnt; alte, neue, allmählich, Verwirrung usf., dergleichen und andere unbestimmte Formen herrschen durch lange Ausführungen hindurch und ermüden das Bestreben, irgendeinen bestimmten Gedanken zu fassen. Diese hohle Manier zur näheren Anschauung zu bringen, führt Referent nur einiges aus der breiten Darstellung der Wirksamkeit des Christentums an; nachdem ein ausführliches Gleichnis von der Saat vorangeschickt ist, heißt es vom Christentume selbst (S. 98): "Diese Saat, quellend, keimend, wurzelnd, sprossend im neuen Boden und allmählich zum erdbeschattenden Baum erwachsend, hat nur im Streite dieser Entfaltung sich errungen, aufbietend die ihr eingepflanzten überirdischen Kräfte gegen die, in denen das Irdische sich wirksam erweist", - nun wird dasselbe wiederholt: "Bewaffnend das ihr inwohnende bessere Prinzip gegen das Böse, das die Welt durchwuchert, hat sie aus unscheinbarem Anfange" usf. - "In dem Maße aber, wie der neue Glaube der Verwirrung und der Zerstörung Meister geworden und, in der Verwesung neues Leben hervorrufend, das Erstorbene zu neuer Tätigkeit geweckt und das in regelloser" (abermals -) "Verwirrung Aufgelöste in die Kreise der Ordnung zurückgeführt, hat es in allmählicher Ausbreitung alle Regionen des menschlichen Daseins durchdrungen, durch alle Gebiete und Gegensätze, in denen die menschliche Natur sich aufgeschlossen" usf. - Doch genug an solchen allgemeinen Worten.

Es ist schon angegeben worden, daß der durchweg herrschende Gegensatz für das Reich des Geistes, dessen Freiheit den trockenen Gegensatz an der Natur hat, der abstrakte des Guten und Bösen ist, dann kommt der Kampf beider miteinander; auch kommt es noch zu der Unterscheidung von den schaffenden, zerstörenden und erhaltenden Kräften. Wie der Herr Verfasser solche abstrakten Grundlagen des Verstandes nebst den Zahlunterschieden für Anschauung ansehen und ausgeben mag, ist nicht wohl zu verstehen, noch weniger, wie der Geist und eine geistige Anschauung, wenn denn Anschauung sein soll, in der Geschichte und in der Weltgeschichte sich damit begnügen könnte. Der Grundmangel in diesen Vorlesungen ist, daß es ihnen ganz für den großen Gegenstand, mit dem sie sich beschäftigen wollen, an einem konkreten Prinzipe fehlt, dessen gedankenvoller Gehalt entwickelt, uns nicht nur die Gottheit, wie Herr Görres sich oft ausdrückt, sondern den Geist, und zwar den Geist Gottes und den Geist des Menschen, zeigte und die organische Systematisierung desselben in der Weltgeschichte, statt einer äußerlichen, durch Zählen bestimmten Schematisierung ihrer Erscheinungen und noch mehr solcher Nebelhaftigkeiten, wie die Habeliten u. dgl. sind, darstellen würde; in solcher Schematisierung lebt und wohnt kein Geist. Es tut nichts zur Sache, daß der Herr Verfasser sie ein Gesetz nennt und mit ebensolcher Protestation, wie die oben angeführte, beschließt (S. 114): Dies gefundene Gesetz meistre nicht den Gang der Ereignisse, noch wolle es nach irgend vorgefaßter Meinung Gewalt antun den Tatsachen - und den inneren (wo käme dieser her?) Zusammenhang der Dinge verkennen und stören. Noch weniger soll diese Anschauungsweise überall nach bloßen Ähnlichkeiten (Zahlen geben sogar Gleichheiten) haschen, gröblich den inneren Unterschied verkennend, und dadurch eine langweilige Monotonie in die Historie bringen.
- Der Herr Verfasser hat noch durch mehr, auch durch die fortdauernde Wiederkehr der angeführten wenigen dürftigen Abstraktionen und durch die ganze Art des Vortrags, die wir genug charakterisiert, für Monotonie gesorgt; und wie diese, so möchte man leicht alle jene anderen Eigenschaften und noch die weiteren, die er folgen läßt - "daß die Ordnung nicht wie ein mathematisches" (das Zählen und die Wiederholung von ebendemselben ist freilich noch nicht etwas Mathematisches) "Netz die Masse der historischen Tatsachen umziehen und sie mühsam und kümmerlich zusammenhalten" [dürfe] -, diese Eigenschaften, die der Herr Verfasser ablehnt, möchte man leicht in starkem Maße gerade in solcher "Hierarchie" der Weltgeschichte finden und die häufigen Protestationen der Art eher der Ahnung eines solchen Vorwurfs zuschreiben.

Noch wäre zum Schluß, da der Vortrag an Studierende gerichtet, die Art anzugeben, wie er sich an diese wendet; doch ließe sich dieselbe nicht wohl anders charakterisieren, als daß diese Anreden größtenteils selbst hierhergesetzt würden; darum können wir nur darauf als etwas Besonderes hinweisen, daß der Herr Verfasser in der letzten Vorlesung, am Schlusse S. 119 ff. den Verein, den er vor sich hat, nach den Stämmen, denen derselbe angehöre, schildert; Bayern sind es, die ihn zunächst und allermeist umgeben, ihren Sinn und ihre Art habe er die vergangenen zwei Jahre hindurch geprüft und sie probehaltig und widerhaltig zur Genüge gefunden; dann stellt er ihnen die Nativität als nicht gewandt, aber stark auftretend usf.; so nach der Reihe den Schwaben, Schweizern, Franken, denen er selber angehöre; wie ehemals ogygisch jedes Uranfängliche genannt worden, so habe die neuere Zeit nichts Früheres als Altfränkisches anzugeben gewußt usf. Einige aus dem Norden haben sich wohl auch herzugefunden; dort sei "der Verstand das Vermögen, das man von je 'sorgsamst gepflegt', was auf Einseitigkeit geführt; wollen sie hinhören auf die Stimme, die immer aus dem vollen Ganzen redend, aus der Geschichte spricht, so werden sie, ohne, was in ihrer Weise tüchtig, aufzugeben, auch profitieren können, indem sie gegen jene Einseitigkeit sich eine höhere Freiheit der Ansicht gewinnen".
- Doch die persönliche Seite der Stellung, die sich der Lehrer zu seinen Zuhörern gibt, wenn er dieselbe auch vor das Publikum bringt, eignet sich dazu nicht, weiter besprochen zu werden. 

 

 

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