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Über den Unterricht in der Philosophie auf Gymnasien

An das Königlich Preußische Ministerium
der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten
Berlin, den 16. April 1822

Das Königliche Ministerium hat in dem gnädigen Reskript vom 1. November vorigen Jahres, worin mir aufgegeben worden, über die abgehaltenen Repetitionen des Dr. von Henning zu berichten, zugleich, da von mehreren Seiten die Klage erhoben worden, daß die studierende Jugend ohne die erforderliche Vorbereitung für das Studium der Philosophie auf die Universität zu kommen pflege, auf meine deshalb ehrerbietigst vorgelegten Bemerkungen gnädigst Rücksicht zu nehmen und mir aufzutragen geruht, mich gutachtlich zu äußern, wie eine zweckmäßige Vorbereitung hierzu auf Gymnasien zu veranstalten sein möchte.

Ich nehme mir in dieser Rücksicht zuerst die Freiheit, anzuführen, daß eine die Abhilfe jenes Mangels bezweckende Veranstaltung auf Gymnasien von selbst nur auf diejenigen eine Wirkung äußern könnte, welche diese Anstalten besucht haben, ehe sie die Universität beziehen. Nach den bestehenden Gesetzen aber sind die Universitätsrektorate angewiesen, auch ungebildete und unwissende Jünglinge zu Universitätsbürgern aufzunehmen, wenn solche nur ein Zeugnis über diese ihre gänzliche Unreife mitbringen. Die ältere Einrichtung bei Universitäten, daß der Dekan derjenigen Fakultät, für die sich ein Studierenwollender meldete, eine freilich zur Formalität herabgesunkene Prüfung mit demselben vornahm, hatte den Universitäten doch immer noch die Möglichkeit und Berechtigung, gänzlich ungebildete und unreife Menschen auszuschließen, belassen. Wenn eine Bestimmung, die aus den Statuten hiesiger Universität, Abschnitt VIII, § 6, Art. 1, S. 43 hierhergezogen werden könnte, der gemachten Anführung und der Praxis zu widerstreiten schiene, so wird doch deren Wirkung durch die nähere Bestimmung, welche in dem Edikte wegen Prüfung der zu den Universitäten übergehenden Schüler vom 12. Oktober 1812 sich findet und welcher die Praxis sich gemäß verhält, aufgehoben. Als Mitglied der wissenschaftlichen Prüfungskommission, der mich das Königliche Ministerium beizugesellen geruht hat, hatte ich Gelegenheit, zu sehen, daß die Unwissenheit solcher, die sich, um die Universität zu beziehen, ein Zeugnis abholen, durch alle Gradationen hindurchgeht und daß eine zu veranstaltende Vorbereitung für die mehr oder weniger beträchtliche Anzahl solcher Subjekte zuweilen von der Orthographie der Muttersprache anzufangen hätte. Da ich zugleich Professor an der hiesigen Universität bin, so kann ich bei solcher Anschauung von Mangel aller Kenntnisse und Bildung an Universitätsstudierenden nicht anders, als für mich und meine Kollegen erschrecken, wenn ich daran denke, daß wir die Bestimmung haben sollten, für solche Menschen zu lehren, und daß eine Verantwortlichkeit auf uns ruhen sollte, wenn der Zweck und der Aufwand der allerhöchsten Regierung für Universitäten häufig nicht erreicht wird - der Zweck, daß die von der Universität Abgehenden nicht bloß für ihr Brotstudium abgerichtet, sondern daß auch ihr Geist gebildet sei. - Daß die Ehre und die Achtung der Universitätsstudien durch jene Zulassung von ganz unreifen Jünglingen gleichfalls nicht gewinne, wird keiner weiteren Ausführung bedürfen.

Ich erlaube mir hierbei, dem Königlichen Ministerium meine bei der wissenschaftlichen Prüfungskommission gemachte Erfahrung ehrerbietig anzuführen, daß nämlich - insofern bei jenen Prüfungen beabsichtigt werde, diejenigen, die noch nicht gehörig für die Universität vorbereitet erfunden werden, durch das hierüber ausgestellte Attest über das Maß ihrer Kenntnisse zu belehren und ihnen dadurch den Rat an die Hand zu geben, die Universität noch nicht zu beziehen, sondern vorher die mangelnde Vorbereitung zu ergänzen - dieser Zweck schon darum gewöhnlich nicht erreicht zu werden scheine, weil solchen Examinaten, denen ihre Unwissenheit bezeugt wird, nichts Neues damit gesagt wird, sondern sie mit dem vollständigen Bewußtsein, kein Latein, kein Griechisch, nichts von Mathematik noch von Geschichte zu verstehen, den Entschluß gefaßt haben, die Universität zu beziehen, nach diesem gefaßten Entschluß bei der Kommission nichts suchen, als durch das Attest die Möglichkeit, immatrikuliert zu werden, zu erlangen; ein solches Attest wird sich denselben um so weniger als ein Abraten von der Beziehung der Universität vorstellen, da ihnen damit, der Inhalt mag sein welcher er wolle, vielmehr die Bedingung, zu der Universität zugelassen zu werden, in die Hand gegeben wird.

Um nun auf den näheren, von dem Königlichen Ministerium bezeichneten Gegenstand, die Vorbereitung auf Gymnasien zum spekulativen Denken und dem Studium der Philosophie überzugehen, so sehe ich mich genötigt, dabei von dem Unterschiede einer materielleren und einer formelleren Vorbereitung auszugehen; und ob jene gleich indirekt und entfernter ist, glaube ich dieselbe als die eigentliche Grundlage des spekulativen Denkens betrachten und darum hier nicht mit Stillschweigen übergehen zu dürfen. Indem es jedoch selbst Gymnasialstudien sind, welche ich als den materiellen Teil jener Vorbereitung betrachten würde, so habe ich nur nötig, diese Gegenstände zu nennen und deren Beziehung auf den Zweck, welcher hier in Rede steht, zu erwähnen.

Der eine Gegenstand, den ich hierher rechnen möchte, würde das Studium der Alten sein, insofern dadurch Gemüt und Vorstellung der Jugend in die großen geschichtlichen und Kunstanschauungen von Individuen und Völkern, deren Taten und Schicksalen wie von ihren Tugenden, sittlichen Grundsätzen und Religiosität eingeführt werden. Für den Geist und dessen tiefere Tätigkeit kann aber das Studium der klassischen Literatur nur insofern wahrhaft fruchtbar werden, als in den höheren Klassen eines Gymnasiums die formelle Sprachkenntnis mehr als Mittel angesehen, jener Stoff dagegen zur Hauptsache gemacht und das Gelehrtere der Philologie auf die Universität und für diejenigen gespart wird, welche sich der Philologie ausschließlich widmen wollen.

Der andere Stoff aber enthält nicht nur für sich den Inhalt der Wahrheit, der auch das Interesse der Philosophie bei eigentümlicher Weise der Erkenntnis ausmacht, sondern er hat in ihm zugleich den unmittelbaren Zusammenhang mit dem Formellen des spekulativen Denkens. Unter diesem Gesichtspunkt würde ich hier den dogmatischen Inhalt unserer Religion in Erwähnung bringen, indem derselbe nicht nur die Wahrheit an und für sich, sondern sie auch dem spekulativen Denken so sehr entgegengehoben enthält, daß er sogleich selbst den Widerspruch gegen den Verstand und das Darniederschlagen des Räsonnements mit sich führt. Ob aber dieser Inhalt diese auf das spekulative Denken vorbildende Beziehung haben solle, wird davon abhängig sein, ob beim Vortrage der Religion die kirchliche dogmatische Lehre etwa nur als eine historische Sache betrieben, überhaupt nicht die wahrhafte, tiefe Ehrfurcht für dieselbe eingepflanzt, sondern die Hauptsache auf deistische Allgemeinheiten, moralische Lehren oder gar nur auf subjektive Gefühle gestellt werde. Bei solcher Vortragsweise wird vielmehr die dem spekulativen Denken entgegengesetzte Stimmung erzogen, der Eigendünkel des Verstandes und der Willkür an die Spitze gestellt, welcher dann unmittelbar entweder zur einfachen Gleichgültigkeit gegen die Philosophie führt oder aber der Sophisterei anheimfällt.

Dieses beides, die klassischen Anschauungen und die religiöse Wahrheit, insofern sie nämlich noch die alte dogmatische Lehre der Kirche wäre, würde ich so sehr als den substantiellen Teil der Vorbereitung für das philosophische Studium ansehen, daß, wenn nicht Sinn und Geist des Jünglings mit solchem erfüllt worden, dem Universitätsstudium die kaum mehr lösbare Aufgabe bliebe, den Geist erst für substantiellen Inhalt zu erregen und die schon fertige Eitelkeit und Richtung auf die gewöhnlichen Interessen zu überwinden, welche sonst nun so leicht ihre Befriedigung findet.

Das eigentliche Wesen der Philosophie würde darin gesetzt werden müssen, daß jener gediegene Inhalt spekulative Form gewinne. Daß aber der Vortrag der Philosophie noch von dem Gymnasialunterrichte auszuschließen und für die Universität aufzusparen sei, dies erst auszuführen, bin ich bereits durch das hohe Reskript des Königlichen Ministeriums, welches diese Ausschließung schon selbst voraussetzt, überhoben.

Für den Unterricht des Gymnasiums bleibt so für sich selbst das Mittelglied übrig, welches als der Übergang von der Vorstellung und dem Glauben des gediegenen Stoffes zu dem philosophischen Denken anzusehen ist. Es würde in die Beschäftigung mit den allgemeinen Vorstellungen und näher mit Gedankenformen, wie sie dem bloß räsonierenden Denken und dem philosophischen gemeinschaftlich sind, zu setzen sein. Eine solche Beschäftigung hätte die nähere Beziehung auf das spekulative Denken, daß dieses teils eine Übung voraussetzt, in abstrakten Gedanken für sich, ohne sinnlichen Stoff, der in dem mathematischen Inhalte noch vorhanden ist, sich zu bewegen, teils aber, daß die Gedankenformen, deren Kenntnis durch den Unterricht verschafft würde, später von der Philosophie ebensowohl gebraucht werden, als sie auch einen Hauptteil des Materials ausmachen, das sie verarbeitet. Eben diese Bekanntschaft und Gewohnheit aber, mit förmlichen Gedanken umzugehen, wäre dasjenige, was als die direktere Vorbereitung für das Universitätsstudium der Philosophie anzusehen sein würde.

In betreff des bestimmteren Kreises der Kenntnisse, auf den der Gymnasialunterricht in dieser Rücksicht zu beschränken wäre, möchte ich zunächst ausdrücklich die Geschichte der Philosophie ausschließen, ob sie sich gleich häufig zunächst als passend dafür darbietet. Ohne die spekulative Idee aber vorauszusetzen, wird sie wohl nichts anderes als nur eine Erzählung zufälliger, müßiger Meinungen und führt leicht dahin - und zuweilen möchte man eine solche Wirkung als Zweck derselben und ihrer Empfehlung ansehen -, eine nachteilige, verächtliche Meinung von der Philosophie, insbesondere auch die Vorstellung hervorzubringen, daß mit dieser Wissenschaft alles nur vergebliche Mühe gewesen und es für die studierende Jugend noch mehr vergebliche Mühe sein würde, sich mit ihr abzugeben.

Dagegen würde ich unter den in den fraglichen Vorbereitungsunterricht aufzunehmenden Kenntnissen

1. die sogenannte empirische Psychologie anführen. Die Vorstellungen von den Empfindungen der äußeren Sinne, von der Einbildungskraft, Gedächtnis und von den weiteren Seelenvermögen sind zwar für sich schon etwas so Geläufiges, daß ein hierauf sich beschränkender Vortrag leicht trivial und pedantisch sein würde. Einesteils würde aber dergleichen um so eher von der Universität entfernt, wenn es schon auf den Gymnasien vorgekommen, andernteils ließe es sich auf eine Einleitung in die Logik beschränken, wo doch in jedem Falle eine Erwähnung von den Geistesfähigkeiten anderer Art, als das Denken als solches ist, vorausgeschickt werden müßte. Von den äußeren Sinnen, den Bildern und Vorstellungen, dann von der Verbindung, sogenannten Assoziation derselben, dann weiter von der Natur der Sprachen, vornehmlich von dem Unterschied zwischen Vorstellungen, Gedanken und Begriffen, ließe sich immer viel Interessantes und auch insofern Nützliches anführen, als letzterer Gegenstand, wenn auch der Anteil, den das Denken am Anschauen usf. hat, bemerklich gemacht wurde, eine direktere Einleitung in das Logische abgeben würde.

2. Als Hauptgegenstand aber würden sich die Anfangsgründe der Logik ansehen lassen. Mit Beseitigung der spekulativen Bedeutung und Behandlung könnte sich der Unterricht auf die Lehre von dem Begriffe, dem Urteile und Schlusse und deren Arten, dann von der Definition, Einteilung, dem Beweise und der wissenschaftlichen Methode erstrecken, ganz nach der vormaligen Weise. In die Lehre von dem Begriffe werden schon gewöhnlich Bestimmungen, die näher in das Feld der sonstigen Ontologie gehören, aufgenommen; auch pflegt ein Teil derselben in der Gestalt von Denkgesetzen aufgeführt zu werden. Vorteilhaft würde es sein, hieran eine Bekanntschaft mit den Kantischen Kategorien als sogenannten Stammbegriffen des Verstandes anzuschließen, wobei die weitere Kantische Metaphysik vorbeigelassen, doch durch Erwähnung der Antinomien noch eine wenigstens negative und formelle Aussicht auf die Vernunft und die Ideen eröffnet werden könnte.

Für die Verknüpfung dieses Unterrichts mit der Gymnasialbildung spricht der Umstand, daß kein Gegenstand weniger fähig ist, von der Jugend nach seiner Wichtigkeit oder Nutzen beurteilt zu werden. Daß diese Einsicht auch allgemeiner untergegangen, macht wohl den Hauptgrund aus, weshalb solcher in früherer Zeit stattgefundene Unterricht nach und nach eingegangen ist. Außerdem ist solcher Gegenstand zu wenig anziehend, um die Jugend in der Universitätszeit, wo es in ihrem Belieben steht, mit welchen Kenntnissen sie sich außer ihrem Brotstudium beschäftigen will, allgemeiner zum Studium des Logischen zu vermögen; auch möchte es nicht ohne Beispiel sein, daß Lehrer positiver Wissenschaften den Studierenden das Studium der Philosophie, worunter sie auch wohl das Studium der Logik begreifen könnten, abraten. Ist aber dieser Unterricht auf den Gymnasien eingeführt, so haben die Schüler derselben es doch wenigstens einmal erlebt, förmliche Gedanken in den Kopf bekommen und darin gehabt zu haben. Als eine höchst bedeutende subjektive Wirkung wäre es zu betrachten, daß die Aufmerksamkeit der Jünglinge darauf hingewiesen würde, daß es ein Reich des Gedankens für sich gibt und die förmlichen Gedanken selbst ein Gegenstand der Betrachtung sind, - und zwar ein Gegenstand, auf welchen die öffentliche Autorität, durch solche Veranstaltung des Unterrichts darin, selbst ein Gewicht lege.

Daß derselbe die Fassungskraft der Gymnasialschüler nicht übersteige, dafür spricht schon für sich die allgemeine ältere Erfahrung, und wenn es mir erlaubt ist, der meinigen zu erwähnen, so habe ich nicht nur als mehrjähriger Professor der philosophischen Vorbereitungswissenschaften und Rektor an einem Gymnasium die Fähigkeit und Empfänglichkeit solcher Schüler dafür täglich vor Augen gehabt, sondern erinnere mich auch, in meinem zwölften Lebensjahre wegen meiner Bestimmung für das theologische Seminarium meines Vaterlandes die Wolffischen Definitionen von der sogenannten Idea clara an erlernt und im vierzehnten Jahre die sämtlichen Figuren und Regeln der Schlüsse innegehabt zu haben und sie von daher noch jetzt zu wissen. Wenn es den jetzigen Vorurteilen vom Selbstdenken, produktiver Tätigkeit usf. nicht zu sehr Trotz bieten hieße, so wäre ich nicht abgeneigt, etwas dieser Art für den Gymnasialunterricht dieses Zweigs in Vorschlag zu bringen; denn eine Erkenntnis, sie sei welche sie wolle, auch die höchste, um sie zu besitzen, muß man sie im Gedächtnisse haben, man fange hiermit an oder endige damit; wird damit angefangen, so hat man um so mehr Freiheit und Veranlassung, sie selbst zu denken. Überdies könnte dann auf solchem Wege am sichersten dem gesteuert werden, was das Königliche Ministerium mit Recht vermieden wünscht, daß der philosophische Unterricht auf den Gymnasien sich in ein hohles Formelwesen verliere oder über die Grenzen des Schulunterrichts hinausgehe*)

3. Der letzte Gesichtspunkt schließt sich an die höheren Gründe an, um die eigentliche Metaphysik von dem Gymnasium auszuschließen. Doch würde eine Seite sein, die aus der ehemaligen Wolffischen Philosophie in Betracht kommen könnte, das nämlich, was in der Theologia naturalis unter dem Namen der Beweise vom Dasein Gottes vorgetragen worden. Der Gymnasialunterricht wird von selbst den Zusammenhang der Lehre von Gott mit dem Gedanken von der Endlichkeit und Zufälligkeit der weltlichen Dinge, mit den Zweckbeziehungen in denselben usf. nicht umgehen können; dem unbefangenen Menschensinn aber wird solcher Zusammenhang ewig einleuchtend sein, was auch eine kritische Philosophie dagegen einwende. Jene sogenannten Beweise enthalten aber nichts als eine förmliche Auseinanderlegung jenes Inhalts, der sich von selbst beim Gymnasialunterricht einfindet. Sie bedürfen zwar einer weiteren Verbesserung durch die spekulative Philosophie, um dem, was der unbefangene Menschensinn bei seinem Gange enthält, in der Tat zu entsprechen. Für die spätere spekulative Betrachtung würde die vorläufige Bekanntschaft mit jenem förmlichen Gange ihr näheres Interesse haben.

4. Auf ähnliche Weise ließen sich in dem Gymnasialunterricht über die Moral richtige und bestimmte Begriffe von der Natur des Willens und der Freiheit, des Rechts und der Pflicht anbringen. Dies würde in den höheren Klassen um so tunlicher sein, als jener Unterricht mit dem Religionsunterrichte verbunden sein wird, der durch alle Klassen geht, also wohl 8 bis 10 Jahre fortgesetzt wird. Auch könnte es in unseren Zeiten noch mehr Bedürfnis scheinen, der seichten Einsicht, von deren auch in Gymnasien schon getragenen Früchten so manches öffentlich bekannt geworden, durch richtige Begriffe über die Natur der Verpflichtung des Menschen und Staatsbürgers entgegenzuarbeiten.

Dies wäre die unmaßgebliche Meinung, die ich über die Ausdehnung des Inhalts der philosophischen Vorbereitungsstudien auf Gymnasien dem Königlichen Ministerium ehrerbietigst vorlege. Was etwa noch die Ausdehnung in Ansehung der Zeit, ingleichen die Stufenfolge des Vortrags jener Kenntnisse betrifft, so würde über das, was rücksichtlich des Religiösen und Moralischen erwähnt worden, in dieser Beziehung nichts weiter zu erinnern sein. In betreff der Anfänge psychologischer und logischer Kenntnisse könnte angegeben werden, daß, wenn zwei Stunden wöchentlich in einem Jahreskursus darauf verwendet würden, der psychologische Teil vornehmlich als Einleitung zu behandeln und dem Logischen vorauszuschicken sein würde. Würden bei gleicher Stundenzahl, die sich als genügend ansehen ließe, etwa drei oder vier halbjährige Kurse darauf verwendet, so ließen sich ausführlichere Notizen von der Natur des Geistes, seinen Tätigkeiten und Zuständen beibringen, und dann könnte es vorteilhafter sein, von dem einfachen, abstrakten und darum leicht zu fassenden logischen Unterricht anzufangen. Er würde so in eine frühere Periode fallen, wo die Jugend für die Autorität noch folgsamer und gelehriger, weniger von der Prätention angesteckt ist, daß, um ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen, die Sache ihrer Vorstellung und dem Interesse ihrer Gefühle angemessen sei.

Die etwaige Schwierigkeit, die Stunden des Gymnasialmlterrichts mit zwei neuen zu vermehren, ließe sich vielleicht am unbedenklichsten durch das Abbrechen von einer oder zwei Stunden an dem sogenannten Unterrichte im Deutschen und der deutschen Literatur, oder noch passender durch das Aufheben der Vorlesungen über juridische Enzyklopädie, wo solche auf Gymnasien vorkommen, und Ersetzung derselben durch die logischen Lektionen beseitigen, - um so mehr, damit die allgemeine Geistesbildung auf den Gymnasien, die als derselben ausschließlich gewidmet angesehen werden können, nicht bereits verkümmert und auf ihnen nicht schon die Abrichtung auf den Dienst und auf das Brotstudium eingeleitet zu werden scheine.

Was schließlich noch die Lehrbücher betrifft, welche für solchen Vorbereitungsunterricht sich den Lehrern empfehlen ließen, so wüßte ich keines von den mir bekannten als vorzüglich vor den anderen anzugeben; der Stoff aber findet sich wohl ungefähr in jedem, und zwar in den älteren reichlicher, bestimmter und unvermischter mit heterogenen Ingredienzien, und eine hohe Instruktion des Königlichen Ministeriums würde die Anweisung erteilen können, welche Materien herauszuheben seien.

In schuldiger Ehrerbietung verharre ich

Eines hohen Königlichen Ministeriums gehorsamster
G. W. F. Hegel,
Prof. p. o. der Philosophie
an hiesiger Königlicher Universität 

*) [Zusatz aus Hegels Konzept:] Die Kenntnis der logischen Formen würde nicht nur in der schon berührten Absicht zweckmäßig sein, als die Beschäftigung mit denselben schon eine Übung, mit abstrakten Gedanken sich zu beschäftigen, hervorbrächte, sondern diese logischen Formen selbst sind alsdann schon als das Material vorgesehen, welches dann von dem spekulativen Denken auf seine Weise behandelt wird. Das doppelte Geschäft der spekulativen Philosophie, das eine Mal seinen Stoff, die allgemeinen Gedankenbestimmungen vor das Bewußtsein zu bringen und sie zur Bekanntschaft und Geläufigkeit zu erheben, das andre Mal dieses Material zu der höheren Idee zu verknüpfen, wird durch die vorausgesetzte Kenntnis und Gewohnheit jener Formen auf diese zweite Seite beschränkt, und derjenige, der so vorbereitet ist und zur eigentlichen Philosophie hinzutritt, befindet [sich] dann bereits auf einem bekannten, eingewohnten Boden.

 

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